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10.03.2004

Quelle:Darmstädter Echo

Bürger müssen für Gehwege zahlen

Stadtparlament: Mehrheit lehnt Befreiung von der Straßenbeitragssatzung ab

21 Millionen Euro wird der Ausbau der Frankfurter Landstraße von der Virchowstraße im Süden bis zum Glockengartenweg im Norden Arheilgens kosten. 640 000 Euro davon sollen auf die Anlieger umgelegt werden. Das sind etwa drei Prozent.

An diesen drei Prozent werde das Projekt nicht scheitern, sagte gestern im Stadtparlament der CDU-Stadtverordnete Helmut Schmidt. Er beantragte, die Bürger von den Anliegerbeiträgen beim Straßenausbau zu befreien. Jahrzehntelang seien sie dem Verkehrslärm und Dreck der Bundesstraße ausgesetzt gewesen und hätten für den Verkehr auch noch ihre Vorgärten opfern müssen. Nun solle man sie nicht auch noch für den Rückbau der Straße bezahlen lassen, zumal offenbar die Stadt versäumt habe, den Bund für diese Kosten aufkommen zu lassen.

Schmidt scheiterte mit seinem Antrag, dem niemand außer der CDU-Fraktion zustimmte. Baudezernent Dieter Wenzel (SPD) sagte: „Recht und Gesetz sind das Eine, blanker Populismus das Andere.“ Die Anlieger zahlten weder für den Ausbau der Straße noch für die Straßenbahngleise, sie bezahlten nur für die Gehwege. Dies entspreche einer in der ganzen Stadt gültigen Satzung, „die man nicht einfach so beiseite lassen kann“.

Wenzel nannte als Hauptvorteil des Ausbaus den Wegfall der Straßenbahn-Wendeschleife an der Hofgasse hinter dem „Goldenen Löwen“. Hier werde das dringend benötigte Einzelhandelszentrum für den Ortskern Arheilgens entstehen. Der Stadtverordnete Horst Adalbert Härter sagte, erstmals bekomme die Frankfurter Landstraße „Flair“. Dies sei „ein großer Gewinn, der sich auch auf die Herrichtung von Privathäusern auswirken wird“. Jetzt sehe kein Anlieger einen Grund, etwas an seinem Haus zu verbessern.

Der OS/3-Stadtverordnete Michael Siebert beantragte eine Verschiebung der Entscheidung über die Frankfurter Landstraße bis zu den Beratungen des Nachtragshaushalts, scheiterte aber mit diesem Antrag ebenfalls an den Stimmen der rot-grünen Koalition. Wenzel sagte, am heutigen Mittwoch werde der Magistrat den notwendigen Planungsmitteln im Nachtragshaushalt zustimmen. Dies sei die Voraussetzung, um Landeszuschüsse für den Ausbau zu beantragen. Dem Projekt stimmten schließlich SPD, Grüne und FDP zu.

Über die Frage, ob man gesetzliche Bestimmungen außer acht lassen könne, war auch zuvor schon gestritten worden. Weil die Europäische Union die Ausweisung eines bestimmten Flächenanteils an Naturschutz- und Vogelschutzgebieten verlangt, hat das Regierungspräsidium per Landesverordnung der Stadt aufgetragen, den Griesheimer Sand im Westen und den Eberstädter Prinzenberg im Osten unter Schutz zu stellen. Dies beinhaltet auch das Verbot, Wanderwege zu verlassen und Hunde ohne Leine zu führen.

Daran nahm die CDU-Stadtverordnete Annemarie Fischer Anstoß. Wanderschafe, Wildschweine und Krähen setzten den Bodenbrütern zu, die es am Prinzenberg zudem gar nicht gebe. „Es kann nicht in unserem Sinn sein, Schulkindern die Natur nur noch mit Feldstechern nahe zu bringen.“ Ihr Fraktionsvorsitzender Wolfgang Gehrke warf der rot-grünen Koalition vor, aus der „hervorragenden Kulturlandschaft eine andere Landschaft zu machen, die wir nicht wollen“.

Umwelt-Stadtrat Klaus Feuchtinger (Die Grünen) hielt den Unionssprechern entgegen, es handele sich um eine Anordnung der Landesregierung, gegen die sie Sturm liefen. Katrin Kosub (SPD) sagte: „Menschen sind zu Gast in der Natur und sollen sich als Gäste benehmen.“

Die Debatte brachte den FDP-Stadtverordneten Jan Dittrich in Rage. „Man kann keinem klar machen, über was für einen Quatsch wir uns hier unterhalten.“ Das Papier zeige das „lebensferne Niveau der Bürokratie“. Kein Spaziergänger, kein Hund, kein Kind und kein Bodenbrüter werde sich an derlei Verordnungen halten. Sein Rat: „Am besten beschließen wir es und schmeißen es gleich in den Papierkorb.“ Eine Mehrheit von SPD, Grünen, Frauen und PDS/DKP stimmte der Verordnung zu. KS

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