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22.11.2007

Quelle:Darmstädter Echo

Darmstadt: Kehrtwende beim ICE

Die Koalitionspartner fühlen sich von den Grünen überrumpelt

Die Stadt Darmstadt wird der Bahn vorerst keinen eigenen Trassenvorschlag für die Anbindung des Hauptbahnhofs an die ICE-Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim machen. Dies hat Baudezernent Dieter Wenzel am Mittwochnachmittag mitgeteilt.

Er halte es nicht für sinnvoll, dass die Stadt sich zum jetzigen Zeitpunkt auf einen Streckenverlauf festlege, sagte Wenzel. Zwei Stunden zuvor hatten die Grünen ihren Ausstieg aus der bisherigen ICE-Planung erklärt und die Koalition in Turbulenzen gestürzt.

Damit vollzieht Darmstadt eine abrupte Kehrtwende. Bis vor kurzem hatte Oberbürgermeister Walter Hoffmann immer wieder darauf gedrängt, dass die Stadt der Bahn noch in diesem Jahr eine eigene Wunschtrasse präsentiert, hinter der möglichst alle Fraktionen stehen.

Man brauche der Bahn gegenüber eine einheitliche Haltung, begründete er seine Forderung. Diese Wunschtrasse hatte das Baudezernat erarbeitet: eine Strecke, welche die Menschen in der Darmstädter Heimstättensiedlung sowie den Wald im Westen der Stadt nach Möglichkeit schont und teils im Tunnel, teils im Trog verläuft.

Wie die Bahn am Mittwochabend bestätigte, war über diese Streckenführung bereits Einigkeit mit der Stadt erzielt worden. Die Bahn rechnete nach Angaben eines Sprechers noch am späten Nachmittag damit, dass der ICE-Beirat diese Variante als den Vorschlag der Stadt beschließen würde. Nach Wenzels Aussagen war dies jedoch unwahrscheinlich. Der ICE-Beirat tagte am Mittwochabend in nicht öffentlicher Sitzung.

Unterdessen haben die Darmstädter Grünen erklärt, dass sie die bisherige Konsenstrasse nicht länger mittragen. Sie verlangten von der Bahn, zu einer Planung zurückzukehren, bei der die Neubaustrecke allein durch den Darmstädter Hauptbahnhof verläuft.

Sollte die Bahn darauf nicht eingehen, würden die Grünen zwar auch die Konsenstrasse tolerieren, jedoch nur mit einem vier Kilometer langen, 100 Millionen Euro teuren Tunnel.

Sollte die Bahn auch darauf nicht eingehen, müsse sich Darmstadt ganz von der ICE-Anbindung verabschieden. Faktisch bedeutet dies den Ausstieg der Grünen aus den bisher verhandelten Planungen. Die Grünen, die im Darmstädter Parlament mit SPD und FDP zusammen regieren, hatten sich über ihre Abkehr vom ICE-Konsens mit den Koalitionspartnern zuvor nicht beraten.

Diese fühlten sich entsprechend überrumpelt. Die Verärgerung war bei den Magistratskollegen ebenso spürbar wie bei den Fraktionsvorsitzenden von SPD und FDP – auch wenn diese versuchten abzuwiegeln. Die Koalition gerate durch die Grünen nicht in eine Krise, erklärten sie.

„Ich empfinde das nicht als Koalitionsfrage“, sagte Oberbürgermeister Walter Hoffmann (SPD). Dennoch setze er nun auf die Vernunft und die Kooperationsbereitschaft der Grünen.

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