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08.02.2006

Quelle:Frankfurter Rundschau

Land macht einen Rückzieher

Lkw-Fahrverbot wird doch nicht verschoben

Das im Aktionsplan gegen Feinstaub festgelegte Lkw-Fahrverbot durch die Innenstadt tritt mit einer Änderung doch wie geplant in Kraft. Das Verkehrsministerium gab seine überraschende Kehrtwende kurz vor einem Treffen mit OB Walter Hoffmann (SPD) bekannt.

„Wir haben in einem Abwägungsprozess nach einer alternativen Lösung gesucht“, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Dienstag. Der Aktionsplan werde ohne Verzögerung mit nur einer Änderung umgesetzt. Vom Fahrverbot ausgenommen sei jetzt auch der Lieferverkehr in den Odenwald. Die Ausnahmen galten bereits für Darmstadt und den Landkreis Darmstadt-Dieburg. Der Aktionsplan enthält ein Fahrverbot für Lastwagen ab 3,5 Tonnen sowie ein Nachtfahrverbot.

Anfang vergangener Woche hatte das Land ebenso überraschend bekannt gegeben, dass das Fahrverbot um ein Jahr verschoben wird. Die Verbindung durch Darmstadt müsse als Umleitungsstrecke vorerst offen bleiben, weil die B 426 im Süden auf Höhe der Felsnase wegen dringender Bauarbeiten ein halbes Jahr voll gesperrt werde. Das Verkehrsministerium hatte sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes in Kassel berufen, wonach Durchfahrverbote für Lastwagen nur zulässig seien, wenn die Kommunen Ausweichstrecken auswiesen. „Mit dem jetzigen Kompromiss werden wir dem Urteil gerecht“, sagte der Sprecher des Ministeriums.

Umweltdezernent Klaus Feuchtinger (Grüne) begrüßte den Meinungsumschwung: „Die öffentliche Diskussion hat beim Land zur Einsicht geführt, dass die pauschale Aussetzung des Fahrverbotes nicht gerechtfertigt ist.“ Die Stadt könne mit dem Kompromiss leben, auch wenn wegen der neuen Ausnahmeregelung für den Odenwald die Effektivität des Aktionsplanes weiter zurückgehe.

Auf das Fahrverbot werden nach Angaben des Landes Schilder auf der A 3 in Höhe Aschaffenburg, auf der A 67 in Höhe Griesheim, am Darmstädter Kreuz sowie an den Anschluss-Stellen Weiterstadt und Eberstadt hinweisen. „Ziel muss sein, die Schilder bis zum 1. März aufzustellen“, sagte Feuchtinger.
Hoffmann über Wiesbaden verärgert

Die Kehrtwende des Landes überraschte OB Walter Hoffmann, Verkehrsdezernent Dieter Wenzel (beide SPD) und Umweltdezernent Klaus Feuchtinger, die gestern Nachmittag zu einem Feinstaub-Spitzengespräch nach Wiesbaden gefahren waren. Die Pressestelle hatte die Redaktionen, nicht aber die Stadt über die Entscheidung informiert. Wie aus dem Rathaus verlautet, ist Hoffmann über den schlechten Stil der Landesregierung mehr als verärgert. Er lud am Dienstagabend nach der Rückkehr aus Wiesbaden zu einer Pressekonferenz ein, die bei Redaktionsschluss noch andauerte.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Rafael Reißer führte den Meinungsumschwung des Ministeriums auch auf Gespräche seiner CDU-Fraktionskollegen aus der Region mit der Landesregierung zurück. „Wir haben das Bestmögliche ausgehandelt, weil die Gesundheit der Bevölkerung Vorrang haben muss.“ Zur weiteren Senkung des Feinstaubs müsse die Stadt ihre Aufgaben erledigen, sagte Reißer. Der Magistrat solle das Verfahren zum Bau der Nordostumgehung beschleunigen und den Verkehrsfluss in der Stadt verbessern. Darmstadt gehört zu den hessischen Städten mit der höchsten Schadstoff-Belastung der Luft. Seit Beginn des Jahres wurde der EU-Grenzwert für Feinstaub von höchstens 50 Mikrogramm Partikel pro Kubikmeter Luft nach Angaben des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie an der Messstelle in der Hügelstraße bereits 20 Mal übertroffen. Zulässig sind 35 Überschreitungen pro Jahr.

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