Zurück

09.05.2007

Quelle:Frankfurter Rundschau

Mehr Rechte für Fahrgäste

Verkehrsgesellschaften wollen ihre Kunden bei Verspätungen entschädigen / RMV blockt ab
Kommen Bus und Bahn zu spät, gibt's Geld zurück: Was der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) seit einem Jahr praktiziert, stößt auch auf Interesse der Verkehrs- unternehmen in Darmstadt und Frankfurt.

Kassel /Frankfurt - "Wir sind neugierig und wollen wissen, wie das funktioniert", sagt Klaus Linek, Sprecher von Traffiq in Frankfurt. Dieser Tage habe ein Mitarbeiter des NVV den Frankfurtern vorgestellt, wie die "Fünf-Minuten-Garantie" aussieht. Auch der Dadina-Verkehrsverbund möchte die Rechte seiner Kunden bei Verspätungen stärken. "Wir wollen nicht nur mit mehr Linien die Zufriedenheit unserer Fahrgäste verbessern", sagt Matthias Altenhein, Chef des Verbunds, der Linien in Darmstadt und im Landkreis Darmstadt-Dieburg betreibt. Beide sind jedoch skeptisch, ob das nordhessische Modell eins zu eins auf den Ballungsraum Rhein-Main übertragbar ist. Entschädigungen bei Verspätungen über 15 oder 20 Minuten - mit einer solchen Praxis könnte sich Altenhein eher anfreunden. Auch müsse geprüft werden, ob die Entschädigungen in bar oder per Gutschein erfolgten. Wie der Traffiq-Sprecher würde auch er es begrüßen, wenn der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) mitzieht. Linek: "Insellösungen sind immer problematisch."

Doch der RMV bleibt bei seinem Nein zur generellen Fahrgastentschädigung bei Verspätungen. "Wir haben viel höhere Fahrgastzahlen und einen ganz anderen Verkehrsraum", sagt Sprecher Peter Vollmer. Der Knotenpunkt Frankfurt-Hauptbahnhof und der S-Bahn-Tunnel seien zu störanfällig. Morgens im Berufsverkehr säßen bis zu 1000 Menschen in einer S-Bahn. "Wenn dann etwas passiert, ist der Aufwand deutlich höher als die Erstattung", sagt Vollmer, der von mehreren Millionen Euro pro Jahr ausgeht. Das Geld sei besser investiert, um die Qualität des Nahverkehrs für alle Nutzer zu verbessern. Das werde honoriert, sagt der RMV-Sprecher und verweist auf Ergebnisse der jüngsten Fahrgast-Befragungen. Die Kunden hatten aber auch bemängelt, dass die Bahn in puncto Pünktlichkeit und Fahrgastinformation zu wünschen übrig ließe.

"Bundesweiter Vorreiter"

Für die Verantwortlichen des NVV gehört zu einem attraktiven Nahverkehrs-Angebot auch, dass Fahrgäste nur das bezahlen, was sie bekommen. "Wir sind hier bundesweit Vorreiter", sagt Pressesprecherin Heike Knauf-Oliver. Mit der im Mai 2006 eingeführten Fünf-Minuten-Garantie habe sich der Kasseler Verbund einen Namen gemacht. Aus mehreren Großstädten habe es Anfragen gegeben. Auch vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Alle erwägten, die Fahrgastrechte ihrer Kunden ähnlich zu stärken wie der NVV, sagt Knauf-Oliver.

Ihr zufolge sind die Erfahrungen mit der Garantie gut. 43 000 Erstattungen habe es in dieser Zeit gegeben - bei durchschnittlich 190 000 Fahrten am Tag nicht viel, so die Sprecherin. Vor allem bekamen die Kunden Geld zurück, weil Bus oder Bahn zu spät waren: wegen Baustellen, "Personenschäden", aber auch nach dem Sturm Kyrill. Der NVV entschädigt nach Vorlage des Tickets und ausnahmslos, sofern der Vorfall innerhalb von drei Arbeitstagen gemeldet wird. 63 Prozent der Beschwerden erfolgten via Internet, der Rest per Post, was den bürokratischen Aufwand begrenze, sagt Knauf-Oliver. Eine Person reiche für die Bearbeitung und die Information der betreffenden Verkehrsunternehmen. Der NVV nutze den direkten Draht zu den Fahrgästen auch, um Mängel aufzudecken und dafür zu sorgen, dass sie abgestellt werden. "Das ist der leichteste und schnellste Weg."


Entschädigungen
NVV: Bei Verspätungen über fünf Minuten gibt es den vollen Fahrpreis zurück. Wer nach 20 Uhr den Anschluss verpasst erhält Taxikosten bis maximal 25 Euro. Wer sich an Haltestellen oder in Fahrzeugen die Kleidung verschmutzt, bis zu 25 Euro für die Reinigung. Auszahlung in bar. RMV: Nur Besitzer einer persönlichen Jahreskarte erhalten bei Verspätungen von mehr als 20 Minuten Geld zurück; Taxikosten bis maximal 15 Euro. Traffiq: Wer wegen Verspätung Anschluss zum Nachtbus verpasst, kann bis zu 15 Euro Taxikosten geltend machen. Bayern, Schleswig-Holstein: Bei Verspätungen von mehr als einer Stunde gibt es einen ein Jahr lang gültigen Gutschein über ein Viertel des Fahrpreises, bei zwei Stunden die Hälfte (in Bayern ab 1. Mai.) Fernverkehr: Die Bahn entschädigt bei Verspätungen von mehr als einer Stunde; mit 20 Prozent des Wertes der einfachen Fahrt. Inhaber von BahnCard 100, Zeitkarten oder Ähnlichem erhalten Pauschalbeträge. Es gibt nur Gutscheine. Der Anspruch entfällt, wenn die Bahn keinen Einfluss auf den Grund für Ausfall oder Verspätung hat.

Kurz-URL:

Link teilen: Quelle twittern 

Zurück