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17.09.2009

Quelle:Frankfurter Rundschau

Runter von der Straße

Das Elektromobil verkörpert zwar die Zukunft des Autos. Aber auch der Individualverkehr muss bald überwiegend auf Schienen laufen. Am Klimaschutz kann keiner vorbeifahren.

Von Frank-Thomas Wenzel

Ferdinand Porsche erfand 1899 einen Elektroantrieb für Autos. 110 Jahre später präsentiert Porsche auf der IAA das Konzept des Hybrid-Cayenne, einer Kombination aus E- und Verbrennungsmotor. Warum hat das so lange gedauert? Porsche war Ingenieur.

Doch Kaufleute fanden damals schnell heraus, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht erheblich einfacher ist, Verbrennungsmotoren in die Karossen zu bauen. Das tun sie bis heute. Zu besichtigen sind diese Produkte bis Ende nächster Woche auf dem Frankfurter Messegelände.

Dort werden aber auch Hightech-Öko-Boliden ausgestellt. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Das sind nicht die Autos, mit denen wir in fünf oder zehn Jahren über die Straßen fahren werden. Die coolen Concept Cars sind eher PR-Vehikel und sollen signalisieren: Wir sind zukunftsfähig, wir haben verstanden.

Was die Autobauer vor allem wollen, ist die Perpetuierung ihrer Geschäftsmodelle - mit guten Gründen. Der Antrieb ist das Herz-Kreislauf-System des Autos. Drumherum werden Chassis und Karosserie gebaut. Das Montieren der Fahrzeuge wurde in 100 Jahren perfektioniert. Und daraus ist ein Renditeprinzip entstanden: Je größer und leistungsstärker die Fahrmaschine, desto höher der Profit. Deshalb hat es Porsche zum profitabelsten Autobauer der Welt geschafft.

Verkehrspolitik wird von Duckmäusern gemacht

Was hat das mit Politik zu tun? Das Gewinnkonzept der Autohersteller ist so etwas wie die Magna Charta der Verkehrspolitik, vom Ausbau der Autobahnen bis zur Abwrackprämie.

Der Individualverkehr bildet den Kern, Busse und Bahnen sind zu einem nachrangigen Verkehrsmittel mit einem Marktanteil von weniger als zehn Prozent degeneriert. Forciert wurde die Entwicklung noch in der zurückliegenden Dekade. Die größte verkehrspolitische Leistung war die Einführung der Lkw-Maut, die als neue Einnahmequelle für den Straßenbau dient.

Diese Verkehrspolitik wird von Duckmäusern gemacht, die vor allem eins wollen: nicht anecken. Nirgendwo wird das so deutlich wie bei den CO2-Abgasnormen, die über mehrere Etappen so lange entschärft wurden, dass sie heute auch den sogenannten deutschen Premiumherstellern nicht mehr weh tun. Dabei können Autobauer schnell regieren, wenn man sie dazu zwingt, siehe die Einführung von Rußfiltern und Katalysatoren.

Für den künftigen Verkehrsminister muss es darum gehen, die Magna Charta umzuschreiben. Das oberste Ziel kann dabei nur der Klimaschutz sein, bei gleichzeitiger Gewährleistung der Mobilität. Das geht nur mit der Schiene als Rückgrat des Verkehrssystems und in der Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern. Das Schienennetz ist im Grunde dysfunktional, da es weitgehend aus dem 19. Jahrhundert stammt, als die Grenzen deutscher Länder die Linienführung bestimmten. Vor allem müssen die Ballungsgebiete besser mit ihrem Umland verbunden werden.

E-Mobile für den Homo Mobilus

In den Städten selbst stößt sowohl der sich - mehr oder weniger - bewegende als auch der ruhende Autoverkehr an seine räumlichen Grenzen. U-, S- und Straßenbahnsysteme müssen ausgedehnt werden. Mit einem langfristigen Ausbauplan können die Marktanteile der Schiene langsam wachsen. Das lässt sich mit einem riesigen Konjunkturprogramm realisieren, das auch neue Arbeitsplätze und Exportchancen für moderne Verkehrssysteme schafft.

Und was passiert mit den altbewährten Jobmaschinen? Die wird es auch in 20 Jahren noch geben ebenso wie wuchtige Limousinen auf den Straßen. Doch die Autos müssen zunächst um den Hybrid- und später um den Elektro-Antrieb herum neu konstruiert werden. Das bisherige Renditemodell funktioniert dann aber nicht mehr, weil die Autos mit erheblich komplexerer Technik ausgestattet werden.

Die Bereitschaft, erheblich mehr Geld für Autos auszugeben, wird nach Untersuchungen von Marktforschern aber kaum wachsen. Dem Homo Mobilus wird also die Vernetzung der Verkehrssysteme zupasskommen. Die kann die Kosten fürs Autofahren massiv drücken, weil Großstadtbewohner auf öffentlichen Parkplätzen E-Mobile finden, die sie nutzen können wie heute die Mietfahrräder der Bahn.

Und für den Wochenendausflug oder die große Ferienfahrt gibt es die neueste Limousine oder den Kombi beim Car-Sharing-Anbieter. Hier liegen neue Chancen für Autofirmen - als Dienstleister. Auch für Porsche, allerdings künftig unter dem Dach von Volkswagen.

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