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28.06.2009

Quelle:IVDA

Stellungnahme zur Novellierung des Nahverkehrsplans

Im Jahr 2009 wird der DADINA-Nahverkehrsplan novelliert. In einer ersten Beteiligungsrunde wurden diverse Darmstädter Parteien, Institutionen und Verbände um eine Stellungnahme über aktuelle Missstände und Probleme gebeten.

Der IVDA nahm dieses Angebot gerne an und reichte eine umfangreiche Stellungnahme ein.

Sehr geehrter Herr Altenhein, sehr geehrter Herr Dr. Blees,

Vielen Dank für die Möglichkeit, an der Novellierung des Nahverkehrplans teilzunehmen. Wir haben nachfolgend Punkte gesammelt, die uns während unserer Arbeit auffallen und zusätzlich im Kreis unser Freunde und Förderer nach einem Meinungsbild gefragt. Dieses ergibt zusammen die folgende Stellungnahme.

Basierend auf der Annahme, dass der bestehende Nahverkehrsplan zusammen mit seiner Änderungsfassung von 2007 die Grundlage für den neuen Nahverkehrsplan darstellt, möchten wir folgende zusätzlichen Punkte anbringen:

Liniennetz / räumliche Erschließung



Das DADINA-Gebiet verfügt über ein überwiegend bedarfsgerechtes Linienetz. Allerdings besteht nach unserem Eindruck an einigen Stellen Ergänzungsbedarf, um die Angebotsqualität des ÖPNV und damit letztendlich die relative Attraktivität im Vergleich zum MIV weiter zu steigern.

Wir sehen die Notwendigkeit, bei der Konversion der Cambrai-Fritsch-Kaserne/Lincoln-Siedlung rechtzeitig zum Beginn des Grundstücksverkaufs eine (wenn möglich schienengebundene) ÖPNV-Anbindung sicherzustellen, damit die neuen Bewohner ab Einzug eine Alternative zum Auto bekommen.

Die ÖPNV-Anbindung des Campus Lichtwiese der TUD sehen wir als derzeit nicht ausreichend. Die geplanten Baumaßnahmen auf der Lichtwiese werden die Situation verschärfen – nicht nur für den Verkehr von und zum Campus, sondern auch in dem ebenfalls mit der Linie K erschlossenen Woogsviertel. Als Option für Verbesserungen bitten wir auch explizit darum, eine Straßenbahnanbindung der Lichtwiese zu prüfen.

Das derzeitige Netz ist stark sternförmige ausgebildet. Es fehlen Tangentialverbindungen. Hier sehen wir Potenzial in einer Verlagerung der Führung der Linie L auf die Verbindung Ostbahnhof - Martinsviertel - Johannesviertel - Luisenplatz, einer Verlängerung der am Böllenfalltor endenden Buslinien zur Lichtwiese sowie einer Verlängerung der Linien R und / oder 662 über Arheilgen Bahnhof West in das Gewerbegebiet Arheilgen West und ggf. in das Gewerbegebiet Weiterstadt. In Arheilgen bitten wir die Verknüpfung der Linien A und AH zu einer Ringlinie zu prüfen.

Wünschenswert ist eine Prüfung der Erschließungsmöglichkeiten des Edelsteinviertels sowie im Landkreis des Dieburger Industriegebietes, Industriegebiet Pfungstadt, Babenhausen Ost, Altheim Süd, Münster Ost, Groß-Zimmern (nördl. B.-v.-Suttner-Str.), Reinheim Südwest, Erzhausen Süd-Ost, Alsbach Südost

Das Industriegebiet Darmstadt West mit seinen Clubs von teilweise überregionaler Bedeutung ist unzureichend ins Nachtnetz eingebunden.

Bei Erweiterungen des Straßenbahnnetzes und einer damit verbundenen Brechung von Buslinien ist darauf zu achten, dass für die Fahrgäste keine eklatanten Fahrzeitveränderungen entstehen. Weiterhin aus unserer Sicht wichtig, dass Fahrgäste in der Folge nicht „kurz vor dem Ziel“ noch umsteigen müssen.

Fahrtenangebot



Überwiegend zufriedenstellend ist das lokale Fahrtenangebot an Werktagen, tagsüber. Teilweise erheblichen Verbesserungsbedarf sehen wir im SVZ-/Nachtnetz und am Wochenende sowie im regionalen SPNV:
Der nördliche und östliche Bereich von Arheilgen sowie Wixhausen sind unzureichend ins Nachtnetz eingebunden (Erschließung nur über N71 an Arheilgen Bahnhof West und Wixhausen Messeler-Park-Straße sowie Linie 5 an Kranichstein Bahnhof)

Spät- und Nachtverkehr nach Erzhausen ist ab 20 Uhr mit großen Lücken behaftet: Aktuelle Möglichkeiten: Zwischen 20 und 0:30 Uhr besteht Anschluss über die S3, welche nur den östlichen Bereich der Stadt erschließt, mit der Linie N71 um 1.21 Uhr und 2:21 Uhr welche mindestens 1,5 km Fußweg bis zum (am östlichen Ortsrand gelegenen) Bahnhof über unbeleuchtete Waldwege erfordert sowie die Linie 5515 um 2.25Uhr, Ankunft 3.15 Uhr.

Die Verbindungen zwischen Hauptbahnhof und Luisenplatz in den Abendstunden und am Wochenende sind mangelhaft: Zu viele Taktlücken und lange Wartezeiten beim Umstieg; insbesondere bei der Weiterfahrt nach Kranichstein.

Kein Nachtverkehrsangebot Da. - Münster - Eppertshausen nach 0 Uhr

Unter der Woche keine Anbindung der letzten S-Bahn von Frankfurt an die Innenstadt; die Linie n71 sollte an jedem Wochentag verkehren. Die Möglichkeiten zur Ausweitung des Nachtnetzes unter der Woche sind zu prüfen, ebenfalls eine Ausweitung auf durchgehenden Verkehr in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag.

SPNV-Verbindung nach Mainz, Wiesbaden und Mannheim sind zu langsam und mit frühem Bedienende.

SPNV-Verbindung nach Aschaffenburg (und damit Richtung Bayern) ist am Abend und an Sonn- und Feiertagen unzureichend

Die Linie 5515 hat unter der Woche die letzte Fahrt zum 23:45-Knoten anstatt wie viele andere Linien zum 0:15-Knoten.

Kapazitätsanpassungen bei Ortsfesten wie dem Griesheimer Zwiebelmarkt oder Ortskernfest Roßdorf finden nicht statt

Der Takt und Bedienzeitraum der Linie AIR stellt gerade in Tagesrandlagen keine Alternative zum Auto dar.
An Adventssamstagen als mit nachfragestärkste Verkehrstage soll zu Geschäftsöffnungszeiten mit Zusatzfahrten ein Werktag-ähnliches Angebot bereitgestellt werden.

Pünktlichkeit



Die Pünktlichkeitsgarantie erscheint uns noch nicht bekannt genug. Wir wünschen eine Fortführung und baldmöglichste Ausweitung auf den Regional- und S-Bahnverkehr.

Die Linie 5515 stellt in unseren Augen durch vermehrte Schleifenfahrten und Zusatzanbindungen keine Schnelllinie mehr dar. Darüber hinaus ist sie nach Rückmeldungen sehr verspätungsanfällig. Dies ist zu beheben.

Der Umstieg von Linie 1 auf zur Minute 30 abfahrenden Zügen am Darmstädter Hauptbahnhof ist zu unsicher. Dies ist anzupassen.

Haltestelle und Bahnhöfe



Die fortdauernde Modernisierung von Bus- und Straßenbahnhaltestellen begrüßen wir, allerdings könnte in unseren Augen vermehrt mit Übergangslösungen zur Situationsverbesserung bis zu einem endgültigen Ausbau gearbeitet werden. Hier nutzt die Stadt Frankfurt beispielsweise schnell montierbare Bushaltestellen-Podeste aus hartem Kunststoff. Ein weiteres Beispiel ist die S-Bahn Rhein-Neckar, bei der Bahnsteige mit provisorischen Holzbauwerken barrierefrei ausgebaut wurden.

Wir freuen uns über den offensichtlichen Erfolg der neuen Park&Ride Anlagen am Bahnhof Arheilgen und Alsbach „Am Hinkelstein“. Hier sind bereits kurz nach Eröffnung die Kapazitätsgrenzen erreicht und Erweiterungen sollten geprüft werden. Wir sehen besonderes Potenzial für neue Anlagen auf der Westseite des Arheilger Bahnhofs sowie am Darmstädter Nordbahnhof.

Wir begrüßen ausdrücklich das DADINA-Bestreben für eine integrierte dynamische Fahrgastinformation an den Haltepunkten der Odenwaldbahn. Die von der DB AG derzeit verfolgte Lösung mit einfachsten Punktmatrix-Anzeigern sehen wir als wenig zielführend und zukunftsfähig. Zur Ausgestaltung der Bahnhöfe und Haltestellen sehen wir folgende Anmerkungen:
Darmstadt- Kranichstein, Nord, Süd, Eberstadt sind nicht mehr zeitgemäß.
Ebenso die Bahnhöfe Hähnlein-Alsbach, Bickenbach, Weiterstadt, Messel und Babenhausen. Barrierefreiheit ist hier nicht gegeben, ebenso wenig wie ausreichende Möglichkeiten zur Fahrgastinformation

Die Treppensituation im HBF ist bereits heute über die Kapazitätsgrenze und erschwert das Umsteigen gerade bei zeitkritischen Verbindungen. Sie erscheint keinen zukünftigen Fahrgastzuwächsen gewachsen.

Bushaltestellen mit Begegnungsverbot sind endlich auszubauen

Fahrzeuge


Wir begrüßen die sichtbare Verjüngung des Fuhrparks im DADINA-Gebiet über die letzten Jahre. Dieser Eindruck wurde auch aus Rückmeldungen deutlich. Trotzdem sehen wir noch einige Verbesserungspunkte:

Die Fahrzeuge des Airliners sind nicht barrierefrei.

Eine Ausstattung der S-Bahnen mit WCs ist gemeinsam mit dem RMV für die kommende Ausschreibung der Verkehrsleistungen zu prüfen.

Eine Ausstattung der SPNV-Fahrzeuge mit Fahrkartenautomaten ist gemeinsam mit dem RMV für die kommende Ausschreibung der Verkehrsleistungen zu prüfen.

Eine Ausstattung der SPNV-Fahrzeuge mit Snack- und Getränkeautomaten analog zum VBB ist gemeinsam mit dem RMV für die kommende Ausschreibung der Verkehrsleistungen zu prüfen. Ein Beispielfoto aus einem Berliner Doppelstockwagen finden Sie unter: http://www.ivda.de/nvp/snackautomat.jpg

Tarife und Vertriebssystem



Der Fahrkartenverkauf beim Fahrer auf innerstädtischen Linien hat sich unserer Meinung nach nicht bewährt. Gerade auf der Linie H musste der Fahrplan in der Folge angepasst werden, sodass sich die Fahrtzeit verlängert und damit die hohen Ausgaben für Busbeschleunigungen konterkariert.
Als Alternative zu einer schnellstmöglichen Rücknahme sehen wir Potenzial für die Schaffung von Anreizen, sich den Fahrschein vor Fahrtantritt am Automaten zu erwerben. Als Diskussionsgrundlage könnte hier der – im Störungsfall deaktivierbare – Bordpreis-Zuschlag bei DB Fernverkehr oder die Positionierung von „Automaten-Guides“ an zentralen Haltestellen dienen. Aber auch die verstärkte Bewerbung des RMV-Handyticket kann hier hilfreich sein. Handy- und elektronisches Ticket sind aber auf Grund ihres unklaren Einführungszeitpunkt keine derzeit praktikable Lösung. Wir erwarten im NVP eine Aussage, wie das Fahrzeitproblem gelöst werden soll.

Der Zuschlag der Linie AIR ist nach unserem Eindruck nicht gerechtfertigt und verhindert in erheblichem Umfang die Ausschöpfung der Fahrgastpotenziale. Die Zuschlagspflicht schreckt speziell Beschäftigte am Flughafen mit Jobticket von der Benutzung ab.

Für Rentenbezieher, die das offizielle Rentenalter noch nicht erreicht haben (Berufsunfähigkeitsrente, Hinterbliebenenrente) sollen die Seniorentickets bei entsprechendem Nachweis freigegeben werden.

Fahrgastinformation und Kundenbetreuung



Eine Fahrgastinformation am Luisenplatz ist an den Adventssamstagen wünschenswert und mit hohem Service- und Werbewert.

Die Förderung/Bewerbung von aktuellen Fahrplanauskünften auf Handys per mobilem Internet ist zu verstärken. Ein Beispiel könnte hier die Verlinkung der mobilen Webseiten über zweidimensionale Barcodes darstellen, wie sie von der SBB sowie in Helsinki verwendet werden.

Die Information über Nachtverkehr vor Feiertagen ist offensichtlich mangelhaft; in 2 Rückmeldungen an den IVDA wurde die Einführung eines solchen Angebotes gefordert.

Es sind dynamische Fahrgastinformation am Luisenplatz analog zur Haltestelle Schloss zu schaffen. Die dort dann frei werdenden Säulen sollen an anderen stark frequentierten Haltestellen eingesetzt werden. Generell fordern wir nachdrücklich die Ausweitung der dynamischen Fahrgastinformation an Haltestellen.

Die Fahrplanaushänge sind weiter zu vereinheitlichen. Die Zusammenfassung der Aushangfahrpläne auf Relationen wie Luisenplatz - Ostbahnhof und Luisenplatz - Hauptbahnhof ist voranzutreiben.

Für Informationen bei Sonderverkehren sind Gestaltungsvorgaben zu erstellen. Hierbei ist Rücksicht auf eine hohe Erkennbarkeit (Papier in Neonfarben) zu nehmen, damit die Aushänge auch für regelmäßige Nutzer auffallen

Für gesprochene Fahrgastinformationen in Fahrzeugen und an Haltestellen ist sicherzustellen, dass bei der Verwendung von Sprachsynthese-Systemen die generierten Ansagen klar, verständlich und der Sprechweise eines menschlichen Sprechers sehr nahe kommen. Das derzeit in den Bussen der Linie 662 verwendete System gewährleistet dies nicht.

Sonstiges



Gerade an Sonntagen und Schwachlastzeiten muss eine bessere Anschlusssicherung gewährleistet werden.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung. Wir freuen uns auf den Entwurf zum neuen DADINA-Nahverkehrsplan und verbleiben
mit freundlichen Grüßen,


Stefan Opitz, Tobias Träxler

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