Zurück

27.04.2006

Quelle:Frankfurter Rundschau

Stopp für Brummis am Ostbahnhof Polizei setzt Sperrung der Darmstädter Innenstadt für Lastwagen durch / Seit Mittwoch Verwarnungen

„Verkehrskontrolle – ich hätte gerne einmal Ihren Führerschein.“ Die Aufforderung gehört für Polizei-Oberkommissar Herbert Wacker zum täglichen Geschäft. Doch seit dem gestrigen Mittwoch bekommt diese Ansprache für den alten Hasen und Spezialisten für Verkehrskontrollen des Verkehrsdienstes Nord der südhessischen Polizei einen zusätzlichen Inhalt. Mit neun seiner Kollegen auch vom Darmstädter Ordnungsamt steht Wacker an diesem Tag in der Nothaltebucht am Darmstädter Ostbahnhof und kontrolliert stadteinwärts das Durchfahrtsverbot für Lastwagen mit mehr als 3,5 Tonnen.

Das Verbot ist Teil des Aktionsplanes gegen Feinstaub. Darmstadt gehört in Hessen zu den Städten mit der höchsten Belastung. Die Messstation in der Hügelstraße registrierte in diesem Jahr bereits 28 Mal eine Überschreitung des zulässigen Höchstwertes – nur sieben weniger als im ganzen Jahr zulässig. 80 Verbotsschilder rund um die Stadt haben die Brummi-Fahrer in den letzten Wochen vorgewarnt. Seit gestern macht die Polizei Ernst.

Trotz der Schilder wird die Polizei schnell fündig. Als einen der Ersten trifft es den Lkw eines bekannten Modehauses, der in Aschaffenburg geladen hat und nach Mannheim will. Damit gilt für ihn nicht die Ausnahmeregelung für Anlieferungen nach Darmstadt. Und er gehört auch nicht zu den 65 genehmigten Ausnahmen für Betriebe aus den Landkreisen Darmstadt-Dieburg und Odenwald. Er habe das nicht gewusst und die Schilder nicht gesehen, ist die lapidare Begründung für seinen Verstoß. Das Verwarnungsgeld von 25 Euro trägt er noch relativ gelassen. Doch als die Polizei ihn auffordert zu wenden und zurück zu fahren, ist der Ärger in seinem Gesicht deutlich abzulesen. „Das trifft sie am härtesten, weil sie viel Zeit verlieren“, erklärt Einsatzleiter Polizei-Oberkommissar Jens Grießmann.

Doch die meisten der Angehaltenen bleiben ruhig. Viele trifft es ohnehin nicht. Viele Kandidaten rauschen ungeschoren vorbei. Die kleine Nothaltebucht ist höchsten gut für drei Lastwagen und die Kontrollen dauern ihre Zeit, weil auch Papiere und Fahrtenschreiber kontrolliert werden. „Nur das Wichtigste“, meint Gefahrgutspezialist Markus Wacker vom Darmstädter Ordnungsamt. Der Fahrer des Tanklastzuges mit Formaldehydlösung lacht, während Wacker seine Feuerlöscher kontrolliert. 30 Minuten nach der ersten Kontrolle hat er über den CB-Funk der Trucker von der Kontrolle erfahren.

Aber nur etwa 25 Prozent der Lastwagen verfügen über diesen Warndienst. „Die Fahrer, die hier nur selten vorbei kommen, trifft es natürlich eher“, meint Grießmann fast mitleidig.

Zu ihnen gehört auch Andreas B. mit seinem 40-Tonner auf dem Weg in die Schweiz. „Ich hab das nicht gewusst“, meint er, „durch Stuttgart fahr’ ich auch nicht mehr, weil dort die gleiche Sperre gilt.“ Nach der Aufnahme seiner Personalien wendet er brav seinen 16 Meter langen Sattelzug und fährt zurück.

Ganz so brav ist Hartmut Schnieblich nicht. Der Rentner und Aushilfsfahrer ist richtig sauer: „Ich finde das paradox – das ist eine ausgemachte Scheiße.“ Er will die notwendigen Umwege für eine Umgehung von Darmstadt nicht akzeptieren, weil sie Zeit und damit Geld kosten. Als er hört, dass er wenden muss, verweigert er die Zahlung der 25 Euro und kündigt eine juristische Überprüfung an. Immerhin habe er das Ortseingangsschild von Darmstadt noch nicht überfahren, wettert er.

Um 16.30 Uhr haben die Beamten 22 Fahrzeuge kontrolliert, neun Verwarnungen und sieben Anzeigen ausgeteilt. Nur acht gelten dem Durchfahrtsverbot.

Kurz-URL:

Link teilen: Quelle twittern 

Zurück