Zurück

03.01.2007

Quelle:Frankfurter Rundschau

„Gefahren nicht unterschätzen“

Interview mit Umweltdezernent Klaus Feuchtinger zur Feinstaub-Bilanz im zurückliegenden Jahr

Frankfurter Rundschau Im Jahr 2006 ist der Grenzwert für Feinstaub an der MessStation in der Hügelstraße an 33 Tagen überschritten worden, 35 Mal sind nach EU-Recht erlaubt. Ist das schon eine gute Nachricht?

Klaus Feuchtinger: Natürlich ist das eine gute Nachricht. Die Situation in den Jahren zuvor war ja besorgniserregend. Allein im Jahr 2005 war der Grenzwert an 42 Tagen überschritten worden. Man darf die gesundheitlichen Gefahren, die vom Feinstaub ausgehen, nicht unterschätzen.

Worauf führen Sie den Rückgang der Grenzwertüberschreitungen zurück?

Das Landesamt für Umwelt und Geologie, bei dem die Messergebnisse auflaufen, benötigt noch Zeit, um verlässliche Aussagen über die Ursachen der Verbesserung zu machen. Aber eines man kann schon jetzt sagen: dass ein Aktionsplan wie unserer mit einem Bündel an Maßnahmen erfolgversprechender ist, als sich allein auf die punktuelle Sperrung von Straßen zu konzentrieren. Andere Städte hatt da weniger Erfolg.

Spielen Sie auf Frankfurt an, der einzigen hessischen Stadt, in der es mehr Grenzüberschreitungen gab als erlaubt?

Das könnte zumindest ein Grund dafür sein. Schließlich können wir davon ausgehen, dass es 2006 im Rheintal kein Wetter gab, das die Feinstaubentstehung besonders verhindert hätte. Sonst würde nicht Freiburg jetzt hektisch an einem Aktionsplan arbeiten. Die hat es kalt erwischt.

Sie sind also zufrieden mit der bisherigen Umsetzung des Aktionsplans?

Ja. Wir haben ein sehr großes Stadtgebiet von Darmstadst vom Lastwagenverkehr entlastet. Das reicht vom Donnersbergring bis zur Nieder-Ramstädter Straße, und vom Martin-Luther-King-Ring bis zur Landskronstraße. Und eines ist mir hierbei auch ganz wichtig: die Anwohner werden nicht nur von Feinstaub, sondern auch von Verkehrslärm entlastet, vor allem nachts. In den letzten 30 Jahren hat der eine oder andere Oberbürgermeister vergebens darum gekämpft, das zu erreichen, weil die gesetzlichen Grundlagen fehlten.

Was aus dem Aktionsplan hat besonders zur Eindämmung der Feinstaubproblematik beigetragen?

Vor allem das Durchfahrtsverbot für Lastwagen ab 3,5 Tonnen. Was allerdings häufig unterschätzt wird, ist das feuchte Kehren der Hügelstraße. Die gründliche Wässerung zweimal täglich – morgens um fünf Uhr und am frühen Nachmittag – bringt besonders viel für die unmittelbaren Anwohner. Die meisten Menschen denken beim Aktionsplan vor allem ans Lastwagen-Fahrverbot, das in Ost-West- und in West-Ost-Richtung gilt, und an das grundsätzliche Lastwagen-Nachtfahrverbot, das von 20 bis sechs Uhr gilt. Ebenso wichtig ist es aber, dass vor allem die Heag die Busse, die in der Innenstadt fahren, mit Rußpartikelfilter ausgestattet hat. Die Stadt hat 226 Dieselfahrzeuge umgerüstet: 15 haben Rußpartikelfilter, 33 fahren mit Biodiesel und 178 mit dem biogenen Treibstoff Plantanol.

Insgesamt kennt der Aktionsplan, der Ende April 2005 in Kraft trat, 13 Punkte.

Ja, da gehören zum Beispiel auch der Ausbau der Straßenbahn nach Arheilgen und der Bau der Nordostumgehung dazu. Der Aktionsplan, der vom Land in Kraft gesetzt wurde, ist ein dynamischer und kann verändert werden, wenn das sinnvoll erscheint.

Sehen Sie hier Bedarf?

Ich bin gespannt, wie sich die Situation in den nächsten Wochen entwicklt. Denn zu Beginn des Jahres gibt es meist einen drastischen Anstieg an Grenzwertüberschreitungen, weil die häufige Inversionswetterlage die Feinstaubproblematik fördert.

Ließe sich noch mehr tun?

Das Land und der Bund können sich sehr viel mehr engagieren. Die Städte sind ja mit dem Feinstaub alleine gelassen worden. Es gilt nicht das Verursacherprinzip, sondern Bürger und Kommunen müssen sehen, wie sie mit der Problematik klar kommen. Land und Bund könnten zum Beispiel den Ausbau von Radwegen und des öffentlichen Personennahverkehrs mit besonderen Förderprogramm in den Problemgebieten unterstützen. Letztlich gibt es nicht das Patentrezept, sondern viele, auch kleine Stellschrauben, die es zu drehen gilt.

Kurz-URL:

Link teilen: Quelle twittern 

Zurück