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14.06.2005

Quelle:Eßlinger Zeitung

SPD für Nahverkehrsabgabe

Autofahrer sollen 75 Euro im Jahr zahlen - Fahrscheine als Gegenleistung

Geht es nach dem Willen der SPD im Stuttgarter Rathaus, soll künftig jeder Autofahrer in der Region zu Gunsten des öffentlichen Nahverkehrs 75 Euro im Jahr bezahlen. Für diesen Betrag kann er Busse und Bahnen benutzen. Der Mobilitätsbonus soll zur Luftreinhaltung beitragen.

Um den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten, schlagen die Genossen vor, die Jahresgebühr mit der Kfz-Steuer zu erheben. Dafür erhalten die Autofahrer eine Bescheinigung, die sie bei den VVS-Verkaufsstellen vorlegen können. Fraktionschef Manfred Kanzleiter beeilt sich zu betonen: Es handelt sich im Grunde nicht um eine Abgabe. Jeder Autofahrer erhält ja etwas dafür. Er kann seinen Bonus zum Erwerb von Fahrscheinen seiner Wahl einsetzen. Tut er das nicht, leistet er mit seinem Geld einen Beitrag zur Verbesserung des ÖPNV. Bei 1,4 Millionen Fahrzeughaltern im Gebiet des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) käme setzt man für den Bonus die von der SPD vorgeschlagenen fünf Prozent des Jahreskartenpreises an eine beträchtliche Summe zusammen. Die Partei schätzt die Einnahmen allein für die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) auf rund 35 Millionen Euro. Damit ließe sich nicht nur das Nahverkehrsangebot ausbauen oder der Tarif stabil halten, es könnten zum Beispiel für drei Millionen Euro 100 reguläre Stellen für Zugbegleiter oder für verbesserte Reinigung geschaffen werden, zählt Fraktionskollege Rainer Kußmaul die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten des sanften Mobilitätsbonus auf. Ob sich diese unterm Strich als wirklich lukrativ erweist, soll die SSB prüfen sofern sich die Mehrheit des Gemeinderates für dieses Modell erwärmen kann.

Dass eine solche Gebühr rechtlich möglich ist, davon ist die Rathaus-SPD überzeugt. Die Idee sei ja auch nicht neu. Schon Anfang der 90-er Jahre, erinnert Kanzleiter, wurde im Land heftig über die Folgen des zunehmenden Autoverkehrs diskutiert. Der frisch ins Amt gekommene Ministerpräsident Erwin Teufel schlug damals eine Nahverkehrsabgabe vor. Die Umsetzung scheiterte dereinst am Widerstand fast aller Lager und kommt nun, im Zuge der Debatte um die Luftreinhaltung in den Städten wieder aufs Tableau: Als eine Maßnahme zur Verbesserung der Situation schlägt das Stuttgarter Regierungspräsidium in seinem noch unveröffentlichten Plan-entwurf verbilligte Nahverkehrstickets an Tagen mit hoher Belastung vor, finanziert über eine Nahverkehrsabgabe. Das sei jedoch der falsche Ansatz, meinen Kanzleiter und Kußmaul. Es sei unakzeptabel, dass Autofahrer für ihr nicht umweltgerechtes Verhalten in Notfällen belohnt werden, während Bus- und Bahnfahrer außen vor blieben. Den Mobilitätsbonus versteht die SPD als Anreiz zum Umsteigen. Wir sehen in dieser Maßnahme nur Vorteile für alle: Die Straßen werden entlastet und die Luft sauberer. Und ganz nebenbei wird für den ÖPNV eine dringend erforderliche neue Geldquelle erschlossen. Die Erhebung einer City-Maut hingegen ist für die Fraktion keine Alternative.

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