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29.05.2005

Quelle:Frankfurter Rundschau

Autos sollen den Radlern Platz machen

Der ADFC kämpft für eine andere Verkehrspolitik / Rückschläge für Biker trotz rot-grüner Stadtregierung

Eine relevante Senkung der Luftschadstoffe kann nach Einschätzung des ADFC nur gelingen, wenn mehr Darmstädter aufs Zweirad umsteigen. Rußfilter, Nordostumgehung oder Parkleitsystem allein könnten die Belastung nicht entscheidend verringern, sagt der Vorsitzende Jörg Urban.

"Es gibt einfach zu viele Autos", sagt Urban. Der einzige Weg, die Belastung der Luft durch Abgase zu verringern, sei deshalb der Ausbau des Radverkehrs. "Das Rad ist das einzige Nullemissionsfahrzeug." Er verweist auf ein Verkehrsgutachten, nach dem 60 Prozent aller Autofahrten in der Stadt kürzer als drei Kilometer sind. "Da steckt ein enormes Potenzial drin." Autofahrer könnten ihren Wagen für diese Strecken in der Regel problemlos stehen lassen und stattdessen das Rad nehmen. Darmstadt habe aufgrund seiner Topografie und des Wetters gute Voraussetzungen für eine Radfahrer-Stadt wie das westfälische Münster. Es gebe kaum starke Anstiege. "Nur ganz selten liegt so viel Eis und Schnee, dass man nicht radeln kann", sagt Urban.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Darmstadt mit 700 Mitgliedern versteht sich als verkehrspolitische Lobby, die aus Umweltschutzgründen die Bedingungen für Radler verbessern will. "In den vergangenen zehn Jahren haben wir einige Fortschritte erzielt." So habe die Verwaltung viele Einbahnstraßen im Gegenverkehr für Radfahrer freigegeben. Die Stadt habe, auch wie vom ADFC gefordert, die Benutzungspflicht für untaugliche Radwege aufgehoben. So können Biker an der Heidelberger Straße Richtung Süden zwischen Adelungstraße und Eschollbrückerstraße auf der Fahrbahn radeln. "Der Weg war miserabel." Urban lehnt die Pflicht, Radwege zu benutzen, ab. "Einen guten Radweg nehmen die Radler freiwillig."

Er kritisiert, dass Radler trotz rot-grüner Stadtregierung immer wieder Rückschläge hinnehmen müssten. Manches werde falsch geplant. "Aber keinem in der Stadtverwaltung fällt das auf." Urban ist zum Beispiel nicht damit einverstanden, dass die Stadt den Radweg auf der Rheinstraße stadtauswärts beim Steubenplatz auf den Gehweg gelegt hat. "Das ist eine Qualitätsverschlechterung." Denn die Radler hätten wegen der Fußgängerampel nun eine kürzere Grünphase. Zudem gerieten die Zweiräder aus dem Blickfeld der Autos. Das Radeln werde unsicherer.

"Wir werden von der Stadt häufig angehört und gefragt", sagt Urban. Es gebe regelmäßige Treffen und einen Runden Tisch Radverkehr, an dem neben der Verwaltung auch Politiker teilnehmen. "Dass unsere Vorschläge umgesetzt werden, ist eher selten der Fall."

Urban ist seit rund zehn Jahren im Vorstand des ADFC. Er schätzt, dass er im Schnitt rund 1000 Stunden pro Jahr für den Verein aktiv ist. Neben den Vorstandsmitgliedern Uli Schäfer und Christine Lamken gebe es einen harten Kern von etwa 30 Leuten, die sich regelmäßig für den Verein engagieren. Es gibt zehn Arbeitsgruppen: von Verkehrspolitik, Radcodierung, Infostand bis Radtouren. Nach der Kündigung des Mietvertrages musste der Verein nach fast 20 Jahren sein Büro in der Rundeturmstraße verlassen. Ein neues Domizil ist bislang nicht in Sicht.

Urban hat eine radpolitische Idealvorstellung für Darmstadt. "Der Radverkehr müsste bei Planung und Finanzierung mit dem Autoverkehr gleichgestellt sein." Die Stadt sollte Lücken im Radwegenetz schließen und bei mehrspurigen Straßen einen Streifen den Radlern zur Verfügung stellen. Er lehnt Autofahren nicht grundsätzlich ab. "Die Auslagerung von Möbel und Materialien aus dem Büro hätte ich ungern nur mit dem Radanhänger gemacht."

www.adfc-darmstadt.de

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