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01.02.2006

Quelle:Frankfurter Rundschau

Roit-Grün hält an Aktionsplan fest

Darmstädter Regierungskoalition will Verschiebung des Lkw-Fahrverbotes nicht hinnehmen / Kritik an der IHK

Die rot-grüne Koalition hat dem Land vorgeworfen, den beschlossenen Aktionsplan gegen Feinstaub wegen der Kritik von Transportunternehmen und Landkreisen wieder zurücknehmen zu wollen. Als treibende Kraft hinter der Kehrtwende des Landes sehen SPD und Grüne die IHK.

„Wir haben die Befürchtung, dass der Aktionsplan in seinen wesentlichen Bestandteilen auseinander genommen werden soll“, sagte der grüne Fraktionsvorsitzende Jochen Partsch am Dienstag. Am Vortag hatten das Verkehrs- und das Umweltministerium überraschend bekannt gegeben, dass das geplante Fahrverbot für Lastwagen durch Darmstadt um ein Jahr verschoben wird.

Das sei möglicherweise der erste Schritt, den Aktionsplan auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben, kritisierte Partsch. Als Beleg zitierte er aus einer Mitteilung von Umweltstaatsekretär Karl-Winfried Seif (CDU), wonach die Wirksamkeit des geplanten Durchfahrts- und das Nachtfahrverbotes für Lkw nochmals geprüft werden solle. „Die wollen auf Teufel komm raus Straßen für Lkw freihalten“, schimpfte Partsch.

Verkehrsstaatssekretär Bernd Abeln (CDU) hatte die Verschiebung des Fahrverbotes damit begründet, dass die B 26 durch die City als Umleitungsstrecke für Lastwagen offen bleiben müsse, da die B 426 im Süden wegen dringender Bauarbeiten kurz vor Eberstadt voll gesperrt werde. SPD-Fraktionschefin Sabine Seidler hält diese Argumentation für einen bloßen Vorwand. „Es ist ohne weiteres möglich, den Verkehr an der Baustelle vorbeizuführen.“ Für SPD und Grüne habe die Umsetzung des Aktionsplanes oberste Priorität, weil der Feinstaub die Gesundheit der Bürger gefährde. Die überraschende Kehrtwende des Landes führt die rot-grüne Koalition vor allem auf die Lobbyarbeit der Industrie- und Handelskammer zurück. „Das Ganze ist vermutlich von der IHK eingefädelt“, sagte Seidler.

Das Land teilte die Verschiebung des Fahrverbotes nach einem Spitzengespräch in Wiesbaden mit, an dem neben dem Darmstädter Verkehrsdezernenten Dieter Wenzel (SPD), Landräten und Bürgermeistern auch eine Vertreterin der IHK teilnahm. „Bestimmte Interessengruppen haben bei der CDU-geführten Landesregierung Vorteile“, sagte Partsch.

In einer Pressemitteilung wertet die IHK die Revision des Aktionsplanes in der Tat als ihren Erfolg. Die Entscheidung gehe auch auf die intensive Informationsarbeit der Kammer zurück, sagte die Leiterin des Geschäftsbereiches Standortpolitik, Susanne Jung: „Wir werten es als positiv, dass die gewonnene Zeit genutzt wird, um wirklich geeignete Maßnahmen gegen Feinstaub zu ergreifen und nicht einseitig den Wirtschaftsverkehr zur Verantwortung zu ziehen.“

Bürger sollen klagen

SPD und Grüne wollen die Kehrtwende beim Aktionsplan nicht hinnehmen. „Wir werden auf allen Ebenen dagegen vorgehen“, sagte Partsch. Er rief die Bürger dazu auf, vor Gericht die Umsetzung des Planes einzuklagen. „Es gibt einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Feinstaub.“ Nach einer EU-Richtlinie darf der tägliche Mittelwert höchstens 50 Mikrogramm Feinstaubpartikel pro Kubikmeter Luft erreichen. Überschreitungen sind lediglich an 35 Tagen pro Jahr erlaubt. Seit Beginn des Jahres ist der Wert an einer Mess-Station an der stark belasteten Hügelstraße bereits 15 Mal überschritten worden. Gert Blumenstock

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