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02.11.2005

Quelle:Frankfurter Rundschau

Kommentar: Holzweg

Von Klaus Kühlewind

Kompromisse gelten mitunter als goldener Mittelweg. Doch manchmal kann dieser zum Holzweg werden. Das lange Ringen um den Aktionsplan Feinstaub könnte dafür am Ende ein Paradebeispiel werden. Denn nach dem, was bisher über den Plan bekannt ist, taugt er wenig zum Schutz der Bürger vor den gefährlichen Emissionen. Immerhin sind bisher 40 Mal in diesem Jahr die Grenzwerte überschritten worden. Und es darf bezweifelt werden, ob der Aktionsplan, wenn der denn erst einmal in die Tat umgesetzt wird, dies verhindert hätte.

Zu Recht laufen die Aktivisten beispielsweise vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) nun Sturm und wettern, dass mit dem Nachtfahrverbot die Belastung der Schadstoffe kaum sinken wird. Immerhin: Die Anwohner der Verkehrsadern in der Innenstadt dürfen sich freuen, in Zukunft etwas ruhiger zu schlafen.

Doch was tun? Darmstadt für den Verkehr sperren, auf dass sich die Lastwagen anderswo durchquälen? Wer im Interesse des Schutzes der Darmstädter Bürger für eine solche Lösung plädiert, der vergisst, dass auch in den umliegenden Kommunen Menschen unter dem Verkehr leiden. Und wenn der BUND Lastwagen aus Dieburg über die Langener Nordumgehung zur A 5 schicken möchte, dann scheint den Aktivisten die Gesundheit der Menschen in Dreieichs kleinstem Ortsteil Offenthal schnuppe zu sein. Dort rollen schon jetzt täglich bis zu 30 000 Autos durch die enge Ortsdurchfahrt. Sankt Florian lässt herzlich grüßen.

Darmstadts Feinstaubproblem ist mit einem Aktionsplan für Darmstadt alleine nicht zu lösen. Jeder Lastwagen, der nicht durch die Wissenschaftsstadt brummt, wird sich seinen Weg anderswo suchen. Und wenn die Nachbarkommunen ebenfalls die Sperren hochziehen sollten, dann wird der Radius eben ein bisschen größer – ein Verdrängungseffekt, der seit der Lkw-Maut bestens bekannt ist.

Doch genau diese Erkenntnis offenbart, dass Sperrungen und Fahrverbote nur ein kurzatmiger Versuch sein können, die Lage in den Griff bekommen zu wollen. Allen voran versucht sich die Landesregierung als Herr des Aktionsplanverfahrens im Herumdoktern an den Symptomen. Wo aber sind die mutigen Versuche, das Übel an der Wurzel zu packen? Wie steht es um die Pflicht eines Partikelfilters für alle Dieselfahrzeuge? Wo sind die Initiativen, auch regional den Verkehr zu reduzieren – bei Pendlern und im Transportwesen? Es scheint so, als seien alle erstarrt wie Goethes Zauberlehrling und wüssten nicht, wie sie die Geister, die sie riefen, wieder los werden sollen.

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