Verkehr: Ein Jahr nach Einführung der Straßengebühr für Lastkraftwagen ziehen Spediteure im Landkreis Bilanz
„Sie funktioniert.“ Das ist so ziemlich das einzig Positive, was der Spediteur Manfred Schuldes aus Alsbach-Hähnlein über die Lkw-Maut sagen kann, genau ein Jahr nach deren Einführung. Seine 20 mautpflichtigen Lastwagen wurden damals alle mit On-Board-Units ausgestattet. Bei der GPS-gesteuerten Abrechnung über die Geräte gebe es keine Probleme, sagt Schuldes dem ECHO.
Das sah 2004 noch ganz anders aus: Bei ersten Tests hatte das Abrechnungssystem der Firma Toll Collect größtenteils versagt. Viele Transportunternehmen befürchteten ein Abrechnungschaos und durch die Maut explodierende Kosten. Knapp ein Jahr nach Einführung der Abgabe von 12,4 Cent pro Kilometer für Lastwagen über zwölf Tonnen Nutzlast zog das Bundesverkehrsministerium kürzlich eine positive Bilanz, verwies auf Einnahmen von 2,85 Milliarden Euro und eine Mautprellerquote von weniger als zwei Prozent.
Was kaum verwundert: Die Spediteure im Landkreis, die immerhin zu dieser Summe beitragen mussten, äußern sich wenig begeistert nach dem ersten Jahr. Ihre schlimmsten Erwartungen haben sich aber nicht erfüllt. Stattdessen erlebten sie auch angenehme Überraschungen: „Unsere Kunden haben Verständnis gezeigt, nachdem wir sie infolge der Maut auf erhöhte Preise vorbereitet hatten“, berichtet Schuldes. Die zusätzlichen Kosten für die Maut hätten sich wie kalkuliert entwickelt und konnten größtenteils durch erhöhte Preise aufgefangen werden. Die Transporteure hatten sich gut auf die Belastung eingestellt. „Da haben uns die stark gestiegenen Dieselpreise dieses Jahr härter getroffen.“ Die Maut selbst stört den Unternehmer daher nicht so sehr, denn „bestimmten Dingen müssen wir uns einfach stellen“. Sein Unmut richtet sich eher gegen die Ungerechtigkeit des Mautsystems, das zu viele Mautpreller ungeschoren durch Deutschland brummen lasse. In dieser Hinsicht zweifelt Schuldes an den Zahlen der Bundesregierung und verweist auf eine Studie des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL): Bei einer vom BGL im Mai 2005 initiierten Testfahrt benutzten 145 Lkw die Autobahn, ohne Maut zu zahlen. Von diesen wurden nur fünf als Mautpreller entlarvt. Hier sieht Schuldes Verbesserungsbedarf. Auch Jochen Strahmann, Niederlassungsleiter der Anker Umschlags- und Speditionsgesellschaft in Messel, äußert sich kritisch über die eigenen Kollegen: Während direkt belieferte Kunden für erhöhte Preise Verständnis zeigten, seien andere Spediteure, die ihm Transporte übertragen, weitaus weniger zahlungsbereit, „obwohl es denen doch genauso geht“.
Was Strahmann Kopfzerbrechen macht, sind die Leerfahrten vom Kunden zurück zur Spedition, die pro Lkw und Monat mit 80 bis 100 Euro zu Buche schlagen und die er nicht in Rechnung stellen kann. Alles Kosten, die den Gewinn drücken. Für die Zukunft rechnet er mit zusätzlichen Belastungen und Ausgaben: Immer mehr Bundesstraßen würden für Lkw gesperrt. Außerdem sei sein Unternehmen gezwungen, Geld in neue Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5 zu stecken, weil dafür weniger Maut anfalle.
Aber hat die Maut dem Bund nicht immerhin 1,2 Milliarden Euro für den Straßenbau gebracht? Ein zu geringer Anteil des Gesamtertrags, findet Strahmann. Von einer belebenden Wirkung auf den Straßenbau bemerke er nichts. Noch nichts. „Vielleicht sieht das in einem Jahr ja anders aus“, meint er versöhnlich.