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28.05.2004

Quelle:Darmstädter Echo

Chance oder Geldverschwendung?

Anwohnerversammlung: Geplante Umgestaltung der Frankfurter Landstraße sorgt für erregte Diskussionen

Ist die geplante Umgestaltung der Frankfurter Landstraße eine Chance für Arheilgen oder eine Verschwendung öffentlicher Gelder? Wie es mit dem 2,2 Kilometer langen Herzstück des Stadtteils weitergehen soll, war am Mittwochabend Thema einer Anwohnerversammlung im „Goldnen Löwen“. Rund 230 Anwohner waren zu der Infoveranstaltung mit Baudezernent Dieter Wenzel, Fachleuten aus beteiligten Ämtern und Architekten gekommen.

Über die Baumaßnahme, die eine zweigleisige Verlängerung der Straßenbahn bis zum nördlichen Ortsausgang mit Wendeschleife, eine „Baumallee“ entlang der früheren Durchgangsstraße und eine Neugestaltung des Zentrums vorsieht, gab es teils erregte Diskussionen. Für Gegner des Projekts, die am Mittwoch wohl die Mehrheit des Publikums ausmachten, ist das Vorhaben „überdimensioniert“ und gehe „am Bedarf vorbei“. Befürworter sehen es als einmalige Chance, den Ort mit Hilfe von Fördermitteln aufzuwerten und im bislang von Autoverkehr, Schienen und Beton geprägten Zentrum einen „Aufenthaltsort“ zu schaffen. 85 Prozent der Gelder für die rund 22 Millionen Euro teure Maßnahme sollen aus Mitteln des Bundes und des Landes fließen. Doch was ist mit den restlichen 15 Prozent?

Für viele Immobilienbesitzer entlang der Frankfurter Landstraße ist die Finanzierung dieses Betrags der Knackpunkt. Sie befürchten, dass die Kosten auf sie umgelegt werden und reagierten teils erregt. So schallte Werner Hochrhein vom Büro „Werkstadt“ bei seinen Ausführungen zum Thema „Straße als öffentlicher Raum“ ein aufgebrachtes „Was soll das Gelabere?“ aus dem Publikum entgegen.

Wie hoch die Erschließungsgebühren für den Einzelnen sein werden, darüber habe man sie bislang noch nicht informiert, klagte eine Anwohnerin. „Wir wissen nicht, was auf uns zukommt.“ Auch die Fachleute auf dem Podium konnten keine Zahlen nennen. Das Kassen- und Steueramt ermittele die Anteile an den Gehwegkosten individuell für jedes Grundstück, erklärten sie.

Kritik kommt auch von Arheilger Geschäftsleuten. Heinrich Windhaus beispielsweise befürchtet für „Möbel Windhaus“ in der Frankfurter Landstraße gravierende Nachteile. Die Straße, auf der sich Autos und Straßenbahn einer Trasse teilen sollen, werde dann so schmal, dass Lastwagen beim Anliefern den Verkehr behinderten. Durch Bäume werde der ohnehin geringe Parkraum für Kunden weiter beschnitten, eine geplante Linde enge die Zufahrt zu dem Grundstück des alteingesessenen Möbelhauses ein. „Dann können wir zumachen“, klagte er.

Anderer Meinung ist ein benachbarter Architekt aus der historischen „Schreiberpforte“ an der Ecke Frankfurter Landstraße/Messeler Straße. Er bewertet die Umgestaltung als eine „Grundmaßnahme, die für Arheilgen existenziell wichtig ist“ und die eine „erhebliche Qualitätssteigerung des öffentlichen Raumes“ bedeutet. Dass die Frankfurter Landstraße derzeit nicht zum Flanieren einlädt, müssen selbst Gegner der Baumaßnahme, mit der im Jahr 2005 begonnen werden soll, zugeben. Doch: Braucht Arheilgen eine Straßenbahnverbindung, die täglich 73 800 Fahrgastplätze bereithält und im 7,5-Minuten-Takt sechs Haltestellen ansteuert? Wolfgang Heinz von der IG Frankfurter Landstraße meint „nein“: „Außer zur Rushhour fahren die Busse leer.“ Dass künftig viele Arheilger auf die komfortablere Straßenbahn umsteigen oder Auswärtige ihr Auto an den vorgesehenen „Park & Ride“-Parkplätzen an der Wendeschleife abstellen und das öffentliche Verkehrsmittel nutzen, bezweifelt er im Gegensatz zu den Referenten auf dem Podium. Sie rechnen mit steigenden Fahrgastzahlen.

Wer mit dem Zweirad unterwegs ist, für den scheint es nach der Neugestaltung auf der Frankfurter Landstraße enger zu werden. „Promenierende Radfahrer“ sollen im Zentrumsbereich den Gehweg mitbenutzen, „Schnellfahrer“ auf die Fahrbahn ausweichen, die sie sich künftig mit Autos und der Straßenbahn teilen, stellte Daniela Blanke vom Büro „BPR“ vor. Dies sei ein Gefahrenpunkt, kam als Kritik aus dem Publikum.

Auch der Schall- und Erschütterungsschutz bereitet manchen Anliegern Kopfzerbrechen. Sie befürchten Lärm während der zweijährigen Bauzeit und Schäden an ihren Häusern durch Bauarbeiten mit schwerem Gerät. „Für jedes Grundstück gibt es ein Beweissicherungsverfahren“, beruhigte Dieter Wenzel.

An einer Sanierung des Schienennetzes führe ohnehin kein Weg vorbei, erklärte der Leiter der Verkehrsplanung, Norbert Stoll. An vielen Stellen seien die Gleise „in desolatem Zustand“ Es könne „alles nur besser werden.“

Zur Einleitung des Planfeststellungsverfahren durch das Regierungspräsidium werden die Planfeststellungsunterlagen bis zum 16. Juni offen gelegt. Sie können im Technischen Rathaus, Bessunger Straße 125, Block D, Zimmer 206 und in der Bezirksverwaltung Arheilgen eingesehen werden. Außerdem lädt das Baudezernat heute (Freitag) von 14 bis 17 Uhr zu einer Bürgersprechstunde in den „Goldenen Löwen“ ein. Termine für weitere Gespräche können beim Straßenverkehrsamt, Abteilung Planung, unter der Telefonnummer 13 28 14, vereinbart werden.

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