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08.04.2005

Quelle:Frankfurter Rundschau

IHK Darmstadt warnt vor Maut und Fahrverboten

Gegen eine City- Maut und auch gegen "generelle Fahrverbote" zur Reduzierung der Feinstaub-Belastung hat sich die Industrie- und Handelskammer Darmstadt ausgesprochen. Die Leiterin des IHK-Geschäftsbereichs Standortpolitik, Susanne Jung, "warnte" am Donnerstag davor, "ideologisch motivierte Wünsche nach Verkehrsbeschränkungen mit Umweltschutzargumenten zu verwechseln". Sinnvoller sei es, "durch verbesserte Reinigung und regelmäßige Befeuchtung der Straßen" den Feinstaub der Luft zu vermindern. Dies werde auch in Darmstadt bereits in der Hügelstraße praktiziert. In dieser Straße befindet sich eine der verkehrsbezogenen hessischen Messstationen.

Verkehrsbeschränkungen führten hingegen "unweigerlich" dazu, dass Kunden in andere Orte ausweichen würden, die ohne Beschränkungen erreicht werden können. Jung: "Für eine relativ kleine Schadstoffverringerung" würde man einen "weit reichenden Strukturwandel zu Lasten einer lebendigen Innenstadt" riskieren.

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Kommentar: Staubig (von Klaus Kühlewind)

Da bleibt nur eines: Hut ab, in der Hüfte einknicken, tief verbeugen und dreimal ganz laut Danke sagen: Endlich, ja endlich, wissen wir, wer wirklich schuld ist am Feinstaub. Susanne Jung, Fachfrau für Standortpolitik der Industrie- und Handelskammer sei's gedankt - und ihrer Mitteilung, in der sie uns wissen lässt: Nur 20 Prozent der Feinstaubbelastung seien durch den Straßenverkehr bedingt. Der Rest habe ganz andere Ursachen.

Zigarettenrauch zum Beispiel. Das ist nichts neues, jeder, der einen Abend in einer verrauchten Kneipe verbracht hat, weiß darum. Und dass Raucher einen geschlossenen Raum derart vernebeln können, dass sämtliche EU-Grenzwerte lässig überschritten würden, ist unbestritten. Nur, und das hat die IHK-Fachfrau vergessen: Einen vernebelten Raum kann jeder jede Zeit verlassen, bei einer verqualmten Innenstadt sieht das anders aus.

Doch nicht genug, die Industrie-Lobby zieht noch andere Beispiele als Feinstaubquellen heran: den Blütenstaub, mit dem die Menschheit seit Jahrtausenden lebe. Und das Braten und Kochen; denn auch dabei entstünde Feinstaub.

Mag die IHK noch so viel Nebel werfen, um vom eigentlichen Problem abzulenken, die Strategie ist zu leicht zu durchschauen. Hinter dem Ablenkungsmanöver steckt die ewig gleiche Botschaft: Verkehr ist gut, weil er die Wirtschaft am Laufen hält, und wo nichts läuft, gehen Umsätze zurück, verdienen Unternehmer nicht mehr genug, gehen Arbeitsplätze flöten. Statt also mit Weitsicht zu agieren, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, bedient die IHK-Fachfrau jedes auch noch so ausgelatschte Klischee. In diesem Sinne bleibt nur eine Bemerkung: Am Bratentopf schnuppert unsereins tausend Mal lieber als am Auspufftopf eines Lastwagens.

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