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24.03.2005

Quelle:Frankfurter Rundschau

Lokführer üben energiesparendes Fahren

Strom- und Dieselverbrauch soll um ein Zehntel sinken / Fahrweise bietet große Spielräume / Kyoto-Protokoll verschärft Druck

Die Deutsche Bahn (DB) will den Energieverbrauch durch Schulungen ihrer Lok- und Triebfahrzeugführer in diesem Jahr um zehn Prozent gegenüber 2002 senken. Denn wie beim Auto lässt sich auch beim Zug viel Energie durch clevere Fahrweise sparen.
VON BERNWARD JANZING


Freiburg · 23. März · Die Unterschiede im Verbrauch sind je nach Fahrweise enorm: "Manche Lokführer liegen bis zu einem Fünftel über dem Durchschnitt, andere bis zu 20 Prozent darunter", beobachtet Heinrich Strößenreuther, Projektleiter Energiesparen bei der DB.

Daher wurden in den vergangenen drei Jahren alle Lok- und Treibfahrzeugführer des Personenverkehrs in der Theorie des energiesparenden Fahrens geschult. Sowohl für Elektro- als auch Dieselloks wurde die Schulung angeboten. "Ein solches Projekt gibt es bei keiner anderen Bahn der Welt", sagt Strößenreuther.

Personal kämpft um Rekorde



Parallel wurden die Loks mit Verbrauchsanzeigen ausgestattet. Solche Zähler hatten zunächst die DB-Konkurrenten auf ihren Maschinen, die den Energierechnungen der DB misstrauten. Seither hat sich unter den Eisenbahnern sportlicher Ehrgeiz entwickelt - längst ist die persönliche Energiebilanz zum ständigen Thema geworden. Auf manchen Routen mühen sich die Lokführer bereits um den jeweiligen Streckenrekord. Und auch um die Frage, wer den Zug vor dem nächsten Bahnhof am längsten ausrollen lassen kann, ist ein Wettbewerb entbrannt - der Rekord, so ist zu hören, liege mit einem ICE bei 70 Kilometern.

Der Druck zur Effizienz wird durch die Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls verschärft. Zwar ist die Bahn nicht unmittelbar vom Emissionshandel betroffen - doch weil 90 Prozent der DB-Züge heute elektrisch getrieben werden, schlagen die Kosten der Stromerzeugung auch auf den Konzern durch. Mit einem zweistelligen Millionenbetrag werde das Klimaschutzinstrument die DB treffen, heißt es. Also versucht das Management, alle Möglichkeiten des Energiesparens auszuschöpfen. Am besten gelingt das, wenn der Zug gut in der Zeit ist, und die mögliche Höchstgeschwindigkeit nicht auf allen Streckenabschnitten ausgefahren werden muss. Dann können Lok oder Triebfahrzeug frühzeitig - im "Leerlauf" - ausrollen: "Eine Minute Fahrzeitreserve ermöglicht im Fernverkehr Energieeinsparungen bis zu sieben Prozent", rechnet Strößenreuther vor, "im Nahverkehr ist die gleiche Einsparung oft schon bei nur zehn Sekunden Reserve möglich."

Ein großer Schritt in Richtung zehn Prozent Minderverbrauch ist schon geschafft: In den vergangenen Monaten habe man bereits sieben Prozent Einsparung erzielen können, heißt es derzeit in der Bahnzentrale. Finanziell lohnt sich das zweifellos. Bei jährlichen Energiekosten "im hohen dreistelligen Millionenbereich" kommt einiges zusammen. So konnte die DB seit dem Start des Projekts im Sommer 2001 bei den Energieausgaben 32 Millionen Euro sparen.

Energiemix noch unvollkommen



Inzwischen liegt der ICE 3, das modernste Modell der Hochgeschwindigkeitsflotte, nach DB-Angaben bei einem Verbrauch von - umgerechnet - 2,3 Liter Sprit pro Kopf auf 100 Kilometer - gemessen an den Fahrgastzahlen. Der gesamte Flottenverbrauch im Fernverkehr liege bei rund 2,8 Liter; er soll in Zukunft auf 2,4 Liter gesenkt werden. Die niedrigsten Werte sind im Nahverkehr möglich: Eine moderne S-Bahn kommt pro Fahrgast bereits auf 0,7 Liter je 100 Kilometer, was auch der hohen Auslastung zu verdanken ist.

Arbeiten muss die DB noch an ihrem Strommix. Zwar liegt sie mit einem Anteil erneuerbarer Energien von elf Prozent (2003) etwas über dem deutschen Mittelwert, doch mit 18 Prozent Braunkohle und 35 Prozent Steinkohle ist der Anteil an klimaschädlicher Kohle überdurchschnittlich. Der Beitrag der Atomenergie liegt mit 23 Prozent etwas unter dem bundesweiten Durchschnittswert von 28 Prozent. Aber auch die DB setzt nicht mehr auf Atomkraft: Ein Anteil von 18 Prozent, den sie noch vor wenigen Jahren an der Betreibergesellschaft des Atomkraftwerks Neckarwestheim hielt, wurde zwischenzeitlich auf weniger als ein Prozent reduziert.

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