Landkreistagsdirektor Gerrit Kaiser ist nicht glücklich über die „Kann- Bestimmung“ im Gesetz – so werde der Schwarze Peter für die Elternbeteiligung den Kreisen zugeschoben.
Frankfurter Rundschau: Was müssen Eltern künftig zahlen, damit ihre Kinder zur Schule und wieder zurück gefahren werden?
Gerrit Kaiser: Das hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, etwa von den Kosten, die einem Landkreis als Schulträger entstehen. Diese sind in einem Flächenkreis, in dem weitere Wege zurückzulegen sind, sicherlich höher, als in einem Kreis, der im Ballungsraum angesiedelt ist und wo die Entfernungen zur Schule kürzer sind. Dort ist sicherlich auch das ÖPNV-Angebot dichter als im ländlichen Raum. Die Frage nach der Höhe der Beteiligung hängt aber auch entscheidend davon ab, was der Kreistag als sozial verträglich, gerecht und als mit den lokalen Gegebenheiten vereinbar ansieht.
Trifft die Regelung alle Eltern oder soll es Ausnahmen geben?
Die vom Präsidium des Hessischen Landkreistages beschlossene Mustersatzung sieht eine Staffelung nach Einkommen vor. Wer mehr als 100 000 Euro im Jahr verdient, soll 90 Prozent des Beitrages zahlen, wer weniger als 25 000 Euro verdient, gar nichts, dazwischen gibt es weitere Abstufungen. In der Diskussion war aber auch eine Regelung, die einen einheitlichen Betrag für die Beteiligung der Eltern vorgibt. Allerdings müsste dann sichergestellt werden, dass der Betrag bei einkommensschwachen Familien ermäßigt oder ganz erlassen werden kann – ähnlich wie bei vielen Kindertagesstätten.
Die Kosten für die Schülerbeförderung werden weiter steigen, wegen der Energiepreise oder weil der Bund die Zuschüsse kürzt. Glauben Sie, dass Eltern gerade in ländlichen Gebieten ihre Kinder nicht auf die beste, aber weiter entfernte Schule schicken könnten, weil ihnen das zu teuer scheint?
Nein. Bereits jetzt gilt der Anspruch auf kostenlose Beförderung ja nur bis zur nächstgelegenen Schule eines Bildungsganges.
Was können Eltern tun, wenn sie mit einer Zuzahlung nicht einverstanden sind?
Sie können versuchen, über die Kreistage politisch Einfluss zu nehmen. Vielleicht schließen sich Eltern auch zu Fahrgemeinschaften zusammen. Das scheint mir aber mit Blick auf die Finanzierung des ÖPNV nicht ganz unproblematisch. Auch für die Umwelt wäre das eher ein Verlust. Vielleicht fahren auch mehr Kinder und Jugendliche mit dem Fahrrad, wenn dies ohne Gefahren möglich ist.
Sieht so aus, als ob das Land den Kreisen den Schwarzen Peter zugeschoben hätte. Schließlich müssen Sie nun den Eltern sagen, dass ein Beitrag zu zahlen ist, oder?
Ja, das stimmt. Der Landkreistag hatte der Landesregierung vorgeschlagen, im Schulgesetz vorzuschreiben, dass Eltern grundsätzlich beteiligt werden müssen – und nicht, wie jetzt, beteiligt werden können. Damit sollte die politische Verantwortung auf zwei Schultern gelegt werden. Nun müssen wir vor Ort entscheiden, ob wir die Eltern beteiligen und in welcher Höhe. Wir haben uns schwer getan, einer Beteiligung grundsätzlich zuzustimmen. Die Kreise wissen aber nicht, wie sie die steigenden Kosten der Schülerbeförderung bestreiten sollen. Alleine im vergangenen Jahr haben wir mehr als 100 Millionen Euro gezahlt. Außerdem drängen die Regierungspräsidien bei der Genehmigung der Haushalte dazu, alle Einnahmepotenziale auszuschöpfen.