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07.07.2005

Quelle:Darmstädter Echo

„Viele haben bereits resigniert“

Arheilgen: Anwohner der Frankfurter Landstraße ärgern sich über den geplanten Ausbau der Straßenbahn

Im Herbst werden auf der Frankfurter Landstraße zum ersten Mal die Baumaschinen anrollen. Zwischen Maulbeerallee und Virchowstraße soll Arheilgens Hauptverkehrsader eine neue Rechtsabbiegespur erhalten. Ab Frühling 2006 geht es dann richtig los: Die Straßenbahn wird innerhalb von zwei Jahren bis zum nördlichen Ortsende verlängert und zweigleisig ausgebaut. „Das gibt einen Verkehrsinfarkt“, fürchtet Anwohner Werner Petri.

Anfang Juni machten Betroffene bei einer Anhörung des Regierungspräsidiums ihrem Ärger Luft. „Das ist eine Fehlplanung“, findet Georg Fleck von der Interessengemeinschaft Frankfurter Landstraße (IGFL), die mit mehreren Unterschriftensammlungen bereits protestierte. Er hofft, „dass der Stadt noch rechtzeitig das Geld ausgeht. Die boykottieren eine funktionierende Straße.“

Zunächst wird das marode Gleisbett bis zur jetzigen Endhaltestelle an der Hofgasse erneuert. Doch das ist teuer: Bliebe die Streckenführung eingleisig, müsste die Heag die Reparaturkosten tragen. Deshalb ist nun eine zweigleisige Trasse vorgesehen. Diese wird bis zum nördlichen Ortsausgang verlängert.

Zusätzlich zu den Straßenbahnlinien 7 und 8 soll danach auch die Linie 6, die zurzeit vor der Firma Merck endet, durch Arheilgen fahren. Während der Bauzeit sind allerdings Busse vorgesehen. Hinzu kommen später noch Linden und Parkbuchten am Straßenrand: Die Frankfurter Landstraße soll zu einer schmucken Allee werden. „Wir erwarten eine Wohnumfeld-Verbesserung und Aufwertung des Ortskerns“, sagt Projektleiter Martin Möllmann. Werner Petri schüttelt den Kopf: „Das sehen wir nicht so.“

Seine Sorge: Zahlreiche Parkplätze werden gestrichen. „Dabei sind doch jetzt schon die Seitengassen meist dicht. Dieser Umbau ist völlig unnötig. Die Straße erfüllt doch auch so ihren Zweck.“ Martin Möllmann erklärt dagegen, dass die Zahl der Parkplätze „nur geringfügig“ abnimmt. „Auf der östlichen Seite ab der Virchowstraße werden wir sogar neue schaffen.“

Vor allem bei den örtlichen Händlern ist der Ärger groß. „Die zwei Jahre Bauzeit wird mancher Betrieb nicht überleben“, sagt Helmut Windhaus vom gleichnamigen Möbelgeschäft. „Mit unserem Anlieferverkehr gibt das Riesenprobleme.“ Bernd Wiegmann, der Vorsitzende des Arheilger Gewerbevereins, hofft auf flexible Lösungen bei den Standorten der Parkbuchten, Fahrleitungs- und Lichtmasten.

Erhard Schäfer von der Interessengemeinschaft Arheilger Bürger beurteilt den Ausbau „sehr positiv“: „Das ist eine Riesenverbesserung. Rund um den Löwen und die Hofgasse ergeben sich städtebaulich ganz neue Möglichkeiten.“ Zudem könne durch einen Busbahnhof und Park-and-Ride-Plätze an der neuen Endstation die Masse der Pendler „aus dem Herzen von Arheilgen heraus gehalten“ werden.

23 Millionen Euro soll das Gesamtprojekt kosten. Abwasser-, Ferngas-, Strom- und Telefonleitungen müssen im Zuge des Umbaus mit verlegt werden. Bund und Land übernehmen 18 Millionen Euro, die Stadt trägt 4,4 Millionen. 700 000 Euro werden auf die Anlieger umgelegt. „Von denen“, schätzt Werner Petri, „sind aber höchstens zwei, drei dafür.“

Er erwartet mehr Lärm. In den Hauptverkehrszeiten wird die Straßenbahn im Siebeneinhalb-Minuten-Takt durch Arheilgen rauschen. Der Abstand der Gleise zu den Häusern – derzeit sieben Meter – beträgt dann nur noch vier Meter. „Das Fenster können wir nicht mehr offen lassen.“ Die IG besteht auf Lärmschutzmaßnahmen auf Kosten der Stadt und für einzelne Gebäude sogar auf Zwangsbelüftungen.

Ob sich die zusätzlichen Straßenbahnen überhaupt lohnen? Petri wirft dem Rathaus vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Das Frankfurter Büro für Verkehrstechnik hat für die Stadt die Fahrgastzahlen von täglich 7000 Personen prognostiziert. Gegenwärtig seien es werktags täglich 5172.

„Stimmt nicht“, sagt Werner Petri. Die IGFL hat nachgezählt und kam an einem ganz normalen Dienstag im Mai nur auf 3318. Auch bei den Pkw-Zahlen habe die Stadt falsch gerechnet. Er fürchtet nun sogar zusätzliche Staus. Da die Straßenbahngleise in der Fahrbahnmitte liegen, müssen die Autos an den Haltestellen jeweils hinter der Bahn stoppen. Die Folge: lange Warteschlangen. „Wenn dann noch ein Müllauto dazu kommt, ist das Chaos perfekt.“

Die IGFL will weiterhin gegen die städtischen Pläne mobil machen. „Viele haben aber mittlerweile resigniert“, sagt Werner Petri. „Das ist ein Politikum.“ Sein Wunsch, die Strecke eingleisig zu belassen, wird sich wohl nicht erfüllen.

Optiker Bernd Wiegmann hat sich mit der Planung abgefunden: „Hauptsache, der Ausbau kommt wenigstens in einem Abwasch. Die Neugestaltung ist eh nicht mehr zu verhindern.“

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