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08.12.2004

Quelle:Frankfurter Allgemeine

ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim vor dem Aus

Die Pläne für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Frankfurt nach Mannheim drohen endgültig verworfen zu werden. Nach Informationen dieser Zeitung fehlen der Deutschen Bahn AG 16,5 Millionen Euro, um die Planungen bis zur sogenannten Planfeststellung zu konkretisieren. Wenn man jetzt nicht weiterplane, so hieß es in Bahnkreisen, könne für das Projekt schwerer Schaden entstehen. So werde erst mit der Offenlegung der Planfeststellungsunterlagen eine Veränderungssperre wirksam, die verhindere, daß neue Gebäude auf dem für die Strecke vorgesehenen Gelände errichtet werden dürften. Verzichte man jetzt vorerst auf eine Weiterführung der Planung, so könne beispielsweise im Raum Darmstadt ein Supermarkt auf einem Grundstück entstehen, das eigentlich für die ICE-Strecke benötigt werde. Wolle man später die Strecke dann doch noch bauen, müsse man sehr viel mehr Geld ausgeben, um solche Gebäude etwa zu untertunneln.

Ursprünglich hatte es geheißen, Bahnchef Hartmut Mehdorn wolle am Donnerstag mit dem hessischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) über die drohende Einstellung der Planungen sprechen. Am Mittwoch hieß es, das Gespräch werde es geben, aber nicht am Donnerstag. Normalerweise wird die Planung solcher Projekte zu großen Teilen aus Bundesmitteln finanziert. Nach einem sogenannten Generationenvertrag werden bei jeder Neubaustrecke 13 Prozent des Bauvolumens als sogenannte Planungskostenpauschale vom Bund getragen, unabhängig davon, wie teuer die Planung tatsächlich ist. Über mehrere Projekte gerechnet, sollen sich dann teurere und billigere Planungen ausgleichen - darum der Begriff Generationenvertrag. Für die Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim zahlt der Bund aber deshalb keine Planungskostenpauschale, weil das Projekt nicht in die Liste der 66 mittelfristig finanzierbaren Bahnvorhaben aufgenommen wurde, die Bundesverkehrsministerium und Bahn gemeinsam im Frühjahr der Dringlichkeit nach aufgestellt haben und in die praktisch nur bereits begonnene Bauprojekte aufgenommen wurden, weil bei ihnen der Schaden durch einen Abbruch am größten wäre.

Trotzdem heißt es bei der Bahn, daß die ICE-Strecke Frankfurt-Mannheim unter Bedarfsgesichtspunkten wichtig sei. Die Belastung der bestehenden Schienenverbindung sei schon jetzt sehr hoch, außerdem rechne man in Zukunft noch mit einer deutlichen Steigerung des Verkehrsaufkommens - beispielsweise, wenn in der Schweiz die Gotthard-Strecke fertiggestellt und der Nord-Süd-Verkehr erheblich zunehmen werde.

Da aus der Planungskostenpauschale kein Geld zu erwarten sei, müßte der Bund Mittel aus einem anderen Topf zur Verfügung stellen, wenn man die Planung weiterführen wolle, heißt es. Die Bahn selbst könne die Planungen nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Auf rund 30 Millionen Euro wird veranschlagt, was bereits bis jetzt in die Vorbereitungen geflossen ist. Der Bau der Strecke würde nach vorläufigen Kalkulationen rund 1,6 Milliarden Euro kosten; die Erfahrungen mit der Neubaustrecke Frankfurt-Köln haben allerdings gelehrt, daß die anfangs veranschlagte Summe nicht unbedingt auch die tatsächlich benötigte sein muß.

Ende Juni hatten die Regierungspräsidien Darmstadt und Karlsruhe im Raumordnungsverfahren festgestellt, nur zwei der von der Bahn eingebrachten Varianten der Streckenführung seien "raumverträglich". Beide binden den Darmstädter Hauptbahnhof und Mannheim ein. Die Bahn selbst hätte die schnellste Verbindung, "Direttissima" genannt, bevorzugt. Diese sollte an Darmstadt vorbeiführen und eine Spange um Mannheim schlagen. Die Entscheidung der Regierungspräsidien wäre im Planfeststellungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt nicht bindend.

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