Feinstaub: Experten informieren in einer vierstündigen Veranstaltung über Risiken und Gegenmaßnahmen
Staub ist nicht gleich Staub. Je feiner die Partikel sind, umso tiefer dringen sie in Atemwege und den Körper ein und umso größer ist der mögliche Schaden, betonte der Umweltmediziner Professor Thomas Eikmann von der Universität Gießen. Eikmann war einer der Redner bei einer Veranstaltung der Lokalen Agenda 21 vor 65 Bürgern zum Thema „Fein aus dem Staub: Krank durch Verkehr“ und zum Darmstädter Feinstaub-Aktionsplan am Samstag im Ludwig-Georgs-Gymnasium. In einem vierstündigen Programm kamen Vertreter von Wissenschaft, Stadt und der Agenda zu Wort.
An die mikroskopischen Partikel können zusätzliche Schadstoffe angelagert sein. Zudem reagierten die Menschen unterschiedlich auf die Belastung, wobei sehr junge und alte sowie Menschen mit Vorerkrankungen am anfälligsten seien. „Es gibt keine ungefährliche Staubbelastung“, unterstrich Eikmann. Der von der EU festgesetzte Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Tagesmittel und 35 Überschreitungen im Jahr sei ein Kompromiss. Die Staubkonzentration müsse so weit wie möglich gesenkt werden. Feinstaub, Stickoxide und Lärm verstärkten möglicherweise gegenseitig ihre negativen Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, sagte Eikmann. Feinstaub und Stickoxide beeinträchtigten zudem die Lungenfunktion und erhöhten die Anfälligkeit für Infekte.
„Eine lebenswerte Stadt ist wichtiger als jahrzehntelange Gewohnheiten der Spediteure, die künftig erst um 6 Uhr statt um 5.30 Uhr be- und entladen dürfen“, sagte Umweltdezernent Klaus Feuchtinger (Grüne). Mit dem Feinstaub-Aktionsplan könnten Anwohner zum ersten Mal auf eine Verbesserung hoffen.
Der vom Land Hessen aufgestellte Aktionsplan mit dem Durchfahrtsverbot für Lastwagen über 3,5 Tonnen sei ein Kompromiss, erklärte Feuchtinger. „Der Schwerlastverkehr aus dem Landkreis darf die Innenstadt weiter durchfahren, ohne dass der Kreis dafür irgendwelche Auflagen bekommt.“ Das werde die Stadt auf Dauer nicht hinnehmen. Positiv bewertete er das Nachtfahrverbot für Lkw über 3,5 Tonnen von 20 bis 6 Uhr. Außerdem werde in Zukunft eine Umweltzone eingerichtet, die nur schadstoffarme Fahrzeuge befahren dürften.
Auf die Entstehung von Schadstoffen im Motor ging Professor Dietmar Ueberschär von der Fachhochschule Darmstadt ein. Senke man die Stickoxid-Emission, entstünden mehr Partikel und umgekehrt. Partikelfilter gegen Ruß und Denox-Katalysatoren gegen Stickoxide schafften Abhilfe. Mit den Euro-Abgasnormen sei die Feinstaub-Emission im Vergleich zu 1992 bereits auf 17 Prozent gesenkt worden. Ab 2010 sollen mit der Norm Euro 5 zudem strenge Grenzwerte für Stickoxide gelten.
Den Einfluss des Wetters auf die Feinstaub-Konzentration erläuterte Meteorologe Professor Gerhard Manier von der Technischen Universität Darmstadt. Zumindest an einem der Tage mit Grenzwertüberschreitung an der Hügelstraße, am 17. Januar, sei es neblig gewesen: Möglicherweise hätten Nebeltröpfchen zu den hohen Werten beigetragen, denn auch am Tag zuvor sei der Grenzwert fast überschritten worden. „Der Einfluss des Wetters ist erheblich“, bestätigte Hinrich Helms vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg. Einzelne Maßnahmen lösten das Feinstaub-Problem zwar nicht. Durchfahrtverbote für Schwerlaster brächten aber immerhin eine Verringerung um bis zu zehn Prozent.
Susanne Roth von der Agenda ging auf rechtliche Möglichkeiten der Bürger ein, die Einhaltung eines Feinstaub-Aktionsplans einzufordern. Verbesserungen wie die Nordostumgehung und bessere Anbindungen an den Nahverkehr für Weiterstadt, Pfungstadt und Wixhausen soll der Verkehrsentwicklungsplan bringen, den Gisela Stete vom Büro für Städte- und Verkehrsplanung vorstellte. In einer Diskussionsrunde, an der auch Stadtrat Dieter Wenzel (SPD) teilnahm, wurden die Themen noch vertieft.