Zurück

24.01.2006

Quelle:Darmstädter Echo

Geteiltes Echo auf die Ostspange

Koalitionsvorschlag stößt bei Grünen auf Ablehnung, bei der CDU auf Skepsis

Der von der sozialliberalen Koalition im Kreistag geforderte „Lückenschluss im Bundesfernstraßennetz“ bei Ober-Ramstadt stößt auf ein geteiltes Echo. Was SPD, FDP und Freie Wähler als großen verkehrspolitischen Wurf feiern, löst bei den Grünen heftige Kritik aus. Auch die CDU im Landkreis ist noch skeptisch.

Dagegen wertet Mühltals Bürgermeister Gernot Runtsch (SPD) die geforderte Ostumgehung von Ober-Ramstadt als Ergänzung zu der sich im Bau befindlichen Umfahrung des Mühltaler Ortsteils Nieder-Ramstadt samt Lohbergtunnel.

Wie berichtet, schlägt die Koalition vor, zwischen der B 426 bei Ober-Ramstadt und der B 26 in Höhe Georgenhausen/Roßdorf eine neue, zwei Kilometer lange Bundesstraße oder mindestens eine Landesstraße zu bauen:

Es wäre das fehlende Puzzlestück für eine schnelle Verbindung von Roßdorf zur A 5 bei Eberstadt. Darüber könnte zudem der Schwerverkehr gelenkt werden, wenn die Darmstädter Innenstadt wegen der Feinstaubbelastung für Lastwagen gesperrt ist.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Christian Fleischmann warnte am Montagabend im Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss des Kreistags vor einer „attraktiven Fernverkehrsstrecke mitten durch den Kreis, die viele neue Autos und Mautflüchtlinge anlockt“.

In Ober-Ramstadt selbst kündigte der Grünen-Ortsverband am Dienstag an, die Ablehnung der Straße zum Top-Thema im Kommunalwahlkampf zu machen. Der Ober-Ramstädter CDU-Vorsitzende Marco Penske äußerte ebenfalls „Bedenken gegen die große Lösung“.

Neu ist die Ober-Ramstädter Ostspange nicht. Das Stadtparlament hat sich bereits seit 2002 mit dieser Vision beschäftigt – allerdings war immer nur von einer lokalen Entlastungsstraße die Rede.

Landrat Alfred Jakoubek (SPD) und der Fraktionsvorsitzende der Kreis-FDP, Klaus-Jürgen Hoffie, begründeten das Großprojekt am Montag mit der absehbaren Fertigstellung des Lohbergtunnels bei Mühltal.

Damit entfalle die verkehrsrechtliche Grundlage für die angestrebte Sperrung der Bundesstraße 426 für den Lkw-Transitverkehr in Nieder-Ramstadt. Die Lastwagen und Autos würden damit verstärkt nach Ober-Ramstadt/Hahn, Reinheim und Otzberg/Lengfeld schwappen. „Die Menschen dort verlangen Antworten von uns“, sagte Jakoubek. „Ich denke weiter. Da sehe ich was auf uns zukommen.“

Das sieht Mühltals Bürgermeister Runtsch ebenso. Er baut darauf, dass das Hessische Verkehrsministerium für Nieder-Ramstadt ein Lkw-Durchfahrtverbot erlässt. Dies bedeute zwar das Ende des Transits in und aus Richtung Osten.

Gleichwohl wäre es nur ein Aufschub. Denn in eineinhalb Jahren ist der Lohbergtunnel fertig. „Dann haben die Lastwagen freie Fahrt an Nieder-Ramstadt vorbei. Dann gibt es wieder Probleme in Ober-Ramstadt und Roßdorf“, sagt Runtsch.

Sein Vorschlag: „Wir müssen die Zeit nutzen, um eine Lösung zu finden.“ Aus seiner Sicht ist der Bau einer Ober-Ramstädter Ostumgehung vorausschauend.

Die Grünen nehmen für sich in Anspruch, „noch weiter vorauszuschauen“. Die Vernetzung gut ausgebauter Fernstraßen werde für den Kreis zum Problem, warnen sie. Der Bevölkerung müsse klar sein, dass sich ein Transit-Landkreis entwickele. Die Ober-Ramstädter würden dafür „missbraucht“.

Kritiker ärgern sich auch darüber, dass „keine verlässlichen Verkehrsprognosen“ zu vorliegen. Tatsächlich lieferte ein eigens in den Ausschuss geladener Verkehrsplaner am Montag nur wenig hilfreiche Daten zur aufgepeppten Ostumgehung.

„In den Verkehrsprognosen ist ein Ausbau der sich anschließenden Kreisstraße 129 nicht enthalten“, räumte er auf Grünen-Nachfrage ein. „Unser Modell geht noch davon aus, dass die Umgehung für den Fernverkehr wenig attraktiv ist, weil die K 129 ein Sträßchen mit vielen Kurven ist.“

Auch der Leiter des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen (ASV), Fred Nerschbach, sieht wenig Sinn in einer gut ausgebauten, aber isolierten Ostumgehung: „Dann müsste auch die Kreisstraße bis zur B 38 hinter Zeilhard ausgebaut werden.“

Nerschbach hält es indes für wenig realistisch, dass die Ostspange schon bald zur Bundesstraße wird. Der Grund: Sie ist im vergleichsweise neuen und bis 2015 geltenden Bundesverkehrswegeplan noch gar nicht vorhanden. Auch bei den Planungen des Landes spiele die Trasse derzeit keine Rolle.

Im ASV wird die Verkehrsbelastung durch die Sperrung der Darmstädter City für den Lkw-Durchfahrtverkehr ohnehin differenzierter gesehen als in den Kreisgemeinden. Mit einer deutlich höheren Belastung auf der Transitstrecke B 426 rechnet Nerschbach „für eine Übergangszeit, wenn die Darmstädter Nordostumgehung noch nicht gebaut ist.“

Nach deren Fertigstellung könnte das Verkehrsaufkommen wieder zurückgehen. Prognosedaten gibt es dazu aber in der Behörde noch nicht. Offen ist damit auch, welche Anziehungskraft eine zur Bundesstraße ausgebaute Umgehung von Ober-Ramstadt hätte.

Die Ober-Ramstädter Grünen hatten bereits vor Jahren im Parlament beantragt, die Auswirkung einer Ostumgehung auf den überregionalen Verkehr zu untersuchen.

Vor allem von der SPD waren sie damals verlacht worden. Der inzwischen nicht mehr amtierende Bürgermeister Bernd Hartmann hatte im Mai 2002 gespottet, es gehe hier nicht um eine „Verbindung Budapest – Paris“.

Kurz-URL:

Link teilen: Quelle twittern 

Zurück