Nahverkehr: Überfüllte Fahrgasträume zur Lichtwiese
Drängeln, schieben, schubsen: Wenn Manuel Fritsch (19) allmorgendlich am Luisenplatz in den Bus der Linie K steigt, sind Ellbogen gefragt. "Bis jetzt hab' ich mich noch in jeden Wagen gequetscht", meint Fritsch und drückt sich mit zwei Dutzend weiteren Studenten in das bereits proppenvolle 180-Mann-Gefährt, das vom Hauptbahnhof kommt. Sitzplätze? Undenkbar.
Eine Haltestelle später, am Schloss, wird's noch ein Stückchen enger. Wieder begehrt ein Pulk Chemie-, Maschinenbau oder Architekturstudenten Einlass. Da hat der Bus, der eigentlich um 7.59 Uhr abfahren sollte, längst fünf Minuten Verspätung und die Fahrgäste stehen schon im Einstiegsbereich dicht gedrängt. So dicht, dass die Tür erst beim zweiten Versuch schließt. Aber das, meint Busfahrer Oliver Jelic später, "ist doch normal".
Rund 6400 Studenten sind im Darmstädter Südosten aktiv
"Die Busse der Linie K sind unsere Viehtransporter", sagt Felix Weidner vom Allgemeinen Studentenausschuss (Asta) der Technischen Universität (TU). Seit Beginn des Wintersemesters hat sich die Nahverkehrssituation Richtung Lichtwiese deutlich verschärft. Seitdem in der Innenstadt die alten TU-Gebäude für das neue Kongresszentrum abgerissen werden, müssen immer mehr Studiengänge zur Lichtwiese pendeln. Derzeit sind rund 6400 Studenten im Darmstädter Südosten aktiv. Tendenz steigend. "Es wird immer schlimmer“, sagt Bauingenieur-Student Mark-Simon Krause (24), der schon zwei Mal den Bus verpasst hat, obwohl er rechtzeitig an der Haltestelle stand. "Da waren die Fahrzeuge hoffnungslos überfüllt." So wird die Fahrt zur Vorlesung zum Glückspiel. Längst weichen viele Kommilitonen auf die Straßenbahnlinie 9 aus und nehmen lieber zehn Minuten Fußweg ab der Jahnstraße in Kauf.
Einzelner Dozenten haben schon Anfangszeiten verlegt
Einen Bus früher fahren? "Das bringt nichts", glaubt Krause. Denn dann belege der Tross der Schüler den öffentlichen Nahverkehr. Einzelne Dozenten wie Carl-Alexander Graubner oder Julian Wekel haben ihren Unterricht bereits von 8 auf 8.15 Uhr verlegt, um die Situation zu entschärfen.
"Es wird sich weiter verschlechtern", vermutet Asta-Verkehrsreferent Felix Weidner, der spätestens zum Wintereinbruch ein Chaos befürchtet. Dabei ähnelt es manchmal heute schon einem Notszenario, wenn eine Mutter mit Kinderwagen zusteigen will oder das Fahrzeug vollbremsen muss.
Der Fahrgastbeirat der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina) fordert deshalb ein Änderung des 15-Minuten-Takts auf siebeneinhalb Minuten in den Spitzenzeiten zwischen 7 und 16 Uhr. Dass die Heag seit 22. November bereits zwei zusätzliche Verstärkerbusse einsetzt, genüge nicht, findet Weidner: „Auch die sind überfüllt."
„Die Busse der Linie sind sehr voll“, bestätigt Heag-Sprecherin Silke Rautenberg auf Anfrage dieser Zeitung.
„Betrieblich ist eine Halbierung der Taktzeiten machbar", sagt Dadina-Geschäftsführer Matthias Altenhein. Doch die zusätzlichen Kosten für Fahrzeuge und Personal - vermutlich ein sechsstelliger Betrag - müsste die Stadt Darmstadt tragen, auf deren Gemarkung die Busse verkehren.
Zunächst einmal soll die Heag Auslastung und Kapazitäten überprüfen und Kostenvoranschläge über neue Taktzeiten oder einzelne Zusatzbusse erstellen. Rathaus-Sprecherin Lisette Nichtweiss hofft auf eine "zeitnahe" Entscheidung: "Die Stadt steht dem Anliegen positiv gegenüber.“
Für Busfahrer Oliver Jelic sind die Probleme der K-Busse ohnehin halb so wild: "Die H-Linie ist im Berufsverkehr noch viel schlimmer."