Während sich draußen im Umland Landräte, Bürgermeister und Wirtschaftsvertreter gegenseitig zu ihrem Erfolg gratulieren, ist in Darmstadt nach der Aussetzung der Lkw-Sperrung Schadensbegrenzung das Gebot der Stunde. Das Kind ist nun erst einmal im Brunnen; ob man unbeschadet zum Status quo vor dem verhängnisvollen Wiesbadener Gespräch vom Montagmorgen zurückkehren kann, wie es die Darmstädter Koalitionsspitzen nach Überwindung des ersten Schocks erhoffen, wird sich zeigen. Es erscheint zweifelhaft, ob sich die letztlich für den Aktionsplan verantwortliche Landesregierung den dann mit Sicherheit zu erwartenden Proteststurm aus der Region zumuten will, die einmal Starkenburg heißen und alle Interessenskonflikte einvernehmlich lösen wollte.
Land und Umland hätten ja auch gute Argumente, Darmstädter Änderungswünsche mit dem Ausdruck des Befremdens zurückzuweisen. Denn wozu veranstaltet man Spitzengespräche mit Spitzenvertretern? Um verlässliche und belastbare Ergebnisse zu erzielen. Und damit richtet sich der Blick auf die Rolle von Stadtrat Dieter Wenzel, der in Wiesbaden mit am Tisch saß.
Der SPD-intern gescheiterte OB-Bewerber sei von der anders gesinnten Übermacht „total überrumpelt“ worden, barmte seine Parteifreundin Seidler, und habe sich der „inneren Logik“ nicht widersetzen können: Felsnase statt Feinstaub-Plan. „Hinterrücks“ hätten die Landräte Schnur und Jakoubek ihren Gegenschlag beim Land vorbereitet.
Je nun, das ist knallharter Standort-Lobbyismus, den man mit moralischem Recht als „rücksichtslos“ gegenüber den Dieselruß atmenden Menschen in der Darmstädter Innenstadt kritisieren kann. Warum aber ist ein Vertreter des Darmstädter Magistrats zu solcher energischen Interessenvertretung außerstande? Es hätte, als es um die Aussetzung des Aktionsplans ging, eines klaren Wortes bedurft: Nein. Mit uns nicht.
Wenn nun nach erfolgter Zustimmung eines Magistratsmitglieds aus den Reihen der rot-grünen Koalition der Aufruf an die Darmstädter Bürger ergeht, gegen diesen Beschluss zu klagen, kommt das einer Bankrotterklärung der Kommunalpolitik gleich. Von den Oppositionsparteien CDU und FDP haben Innenstadtbewohner, die des Rußes und des Lärms müde sind, noch weniger Beistand zu erwarten: Beide haben die Aussetzung der Sperrung ausdrücklich begrüßt.