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01.02.2006

Quelle:Darmstädter Echo

"Irrglaube, Darmstadt könnte vom LKW befreit werden"

Feinstaub-Aktionsplan - Landrat Jakoubek will Aufschub nutzen, um verlässliche Grundlage für das beabsichtigte Durchfahrts- und Nachtfahrverbot zu erarbeiten

Lässt sich der Aufschub des im November beschlossenen Feinstaub-Aktionsplans nutzen, um die geplante Sperrung Darmstadts für den Schwerverkehr zu modifizieren? Der Landrat des Kreises Darmstadt-Dieburg, Alfred Jakoubek (SPD), begrüßt die Verschiebung, die durch den Ausbau der B 426 in Höhe der Nieder-Ramstädter Bohlenmühle (Christopherusschule) im kühlen Grund erforderlich wird. Für den Ausbau liegt (wie berichtet) Baurecht vor, die Mittel stehen bereit. Für die Ausbauzeit sollen die Straße gesperrt und der Verkehr durch Darmstadt umgeleitet werden. Völlig unstrittig ist für den Landrat, dass das Nadelöhr an der "Felsnase" am Kühlen Grund auf Darmstädter Gemarkung beseitigt werden müsse, bevor der Lohbergtunnel im Frühjahr 2007 in Betrieb genommen werde.

Der Aufschub, so Jakoubek, biete die Chance, durch eine neue Verkehrsbefragung "weiteren Aufschluss und Datenmaterial über die Wirksamkeit des für Darmstadt beabsichtigten Durchfahrt- und Nachtfahrverbots für Lkw zu erhalten". Die Ergebnisse könnten entscheidend dafür sein, inwieweit die nach Beendigung der Arbeiten an der B 426 vorgesehene Beschilderung befristet oder modifiziert werden könne. Denn wenn es gelinge, die Bauphase zu nutzen, die bundesgesetzliche Regelung für die Einrichtung so genannter Umweltzonen vorzuziehen, könne auf einen Großteil der geplanten Beschilderung für das Lkw- Durchfahrtverbot verzichtet werden. Der Bund, erläuterte Jakoubek, wolle diese Umweltzonen für Schwerlastverkehr mit Rußfiltern öffnen. Es sei ein Irrglaube, Darmstadt könne vom Lkw-Verkehr befreit werden.

Für den Landkreis stehe fest, dass der Lkw-Transitverkehr künftig über die B 26, die Darmstädter Nordwestumgehung, Carl-Schenck-Ring zum Autobahnkreuz Weiterstadt geführt werde, sagte Jakoubek im Gespräch mit dem ECHO. Eine Südostspange am Roßberg und im Osten an Ober-Ramstadt vorbei zur B 426, wie sie dieser Tage als Ziel formuliert worden war, werde für Darmstadt kaum spürbare Entlastung bringen, schätzt der Landrat.

Eine spürbare Entlastung für Nieder-Ramstadt erwartet Mühltals Bürgermeister Gernot Runtsch (SPD) für die Zeit nach der für 2007 vorgesehenen Fertigstellung des Lohbergtunnels. Dann muss sich der Durchgangsverkehr nicht mehr durch den engen Ortskern quälen. Für die Umgehung aber sei gerade die Begradigung der B 426 und damit der Wegfall der "Felsnase" zwingend erforderlich. "Alles andere ist nicht nachvollziehbar", sagt Runtsch und verweist auf alte Planungen. Hinzu kommen Sicherheitsaspekte. So liegt die Christopherus-Schule direkt an der Straße. Kein Gehweg ist dazwischen. "Das ist lebensgefährlich für Schüler, Eltern und Lehrer", sagt Runtsch. Das werde sich ändern, wenn erst. einmal der vorgesehene Fuß- und Radweg gebaut ist. Der aber braucht Platz, und der muss geschaffen werden. Runtsch: "Die Situation so zu lassen, kann niemand verantworten. "

Mit Blick auf die Diskussion über die Verschiebung des Aktionsplans und die Beseitigung der "Felsnase" verweist Ober-Ramstadts Bürgermeister Werner Schuchmann (SPD) indes darauf, dass die am Montag verkündete Entscheidung in den Ministerien gefallen sei. "Wir in Ober-Ramstadt nehmen die Sorgen der Darmstädter um den Feinstaub schon ernst, aber Sorgen haben wir auch", sagt der Rathauschef: "Wir müssen zusehen, dass der Wirtschaftsstandort Ober-Ramstadt nicht abgehängt wird." Schuchmann setzt dabei durchaus auf Kooperation. "Wir im Umland sind uns einig, Darmstadt bei der Realisierung der Nordostumgehung zu unterstützen, da gibt es doch keinen Zweifel."

Auch für Roßdorfs Bürgermeisterin Christel Sprößler (SPD) ist es wichtig, dass "Stadt und Land endlich mit- und nicht mehr nur übereinander reden". Der Darmstädter Stadtrat Dieter Wenzel (SPD) habe einen großen Anteil an dieser interkommunalen Klimaverbesserung, urteilt Sprößler. Mit einer einfachen Sperrung und einem Nachtfahrverbot ist das Problem aus Sicht der Roßdörfer Bürgermeisterin ohnehin nicht lösbar: "Das muss tiefer gehen, da sind qualitative Datenerhebungen nötig, wie sie jetzt an der Darmstädter Hügelstraße vorgesehen sind. Wir reden immer nur über Schätzungen. Würden die Zahlen konkreter, könnte das Problem intensiver angegangen werden", vermutet Sprößler. Außerdem seien "Lösungen von Verkehrsfragen immer auch Kompromisse".

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