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23.07.2005

Quelle:Darmstädter Echo

Platzhirsch stellt sich neu auf

Unternehmen: Heag Mobilo: Der harte Weg zum „Infrastruktur-Dienstleister“

Mit der Liberalisierung im Nahverkehr geht in Hessen die Ära der integrierten Verkehrsunternehmen zu Ende. Integriert sind die, die alles vorhalten und anbieten: Fahrzeuge, Gleise, Fahrkartenverkauf, Personal, Verkehrsleitung, Technik und Wartung. So ein Unternehmen war früher die Heag-Verkehrs-GmbH. Die fiel der neuen Spartenstruktur der gesamten Unternehmensgruppe zum Opfer und heißt seit 2004 Heag Mobilo, ist aber in sich wieder segmentiert in Mobibus (Verkehr mit Bussen), Mobiserv (Verkehrsleitung, Betriebshöfe, Wartung) und Mobitram (Nahverkehr mit Straßenbahn).

So kann bemühte Transparenz durch Aufgabentrennung vor allem einen Nebeneffekt haben: den der Verwirrung. Zumindest fürs allgemeine Publikum. Jedenfalls, so Heag-Mobilo-Geschäftsführer Harald Fiedler, sei das Unternehmen „auf dem Weg zum Infrastruktur-Dienstleister“. Gesetzliche Vorgaben vor allem aus Brüssel (Europäische Union) und Wiesbaden (Landesregierung) machten diesen Schritt notwendig. Zentraler Aspekt bei der Neuaufstellung: die Wettbewerbsrichtlinien (von 2003) für den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen.

Mit der Ausgliederung des eigentlichen Fahrbetriebs – vor allem im Busbereich – wandelt sich die Aufgabe von Heag Mobilo hin zur Organisation des Drumherum. Dazu zählt die Arbeit der Verkehrsleitstelle, die in Bälde die Steuerung und Anschlussüberwachung von Linien anderer Verkehrsunternehmen in Südhessen mit übernehme (Fiedler: „Für ganz Deutschland ein Novum“). Dazu zählen aber auch das so genannte Haltestellen-Management (Pflege, Säuberung) und der flächendeckende Fahrkartenvertrieb mit Automaten.

Co-Geschäftsführer Matthias Kalbfuss sieht Heag Mobilo zwar weiter als „Platzhirsch“. In Zukunft werde es aber auch städtische Buslinien geben, die allgemein ausgeschrieben würden. Beispielweise die Linie H. Ist ein Anbieter preiswerter mit seinem Angebot (Preis pro Kilometer) als Mobibus, „haben wir vielleicht plötzlich einige Fahrzeuge und zwanzig Mitarbeiter zu viel“. Kalbfuss räumt daher ein, dass der geforderte Wettbewerb nicht nur für allgemeinen Kostendruck sorgt und für „Anpassungen im Lohnniveau“ fürs Personal, „sondern auch ganz klar Unsicherheit erzeugt“ für die Geschäftsführung: „In Sachen Planungssicherheit macht das unsere Arbeit nicht leichter.“

Für die Bereiche Tram und Betriebstechnik gibt es für Mobilo-Mitarbeiter bereits das Modell, das Lohnniveau um 20 bis 30 Prozent zu senken, bis 2008 ausgeglichen mit Zahlungen aus einem „Überleitungsvertrag“. Im Bereich Mobitram handelt der „Platzhirsch“ momentan mit der Stadt Darmstadt und Landkreisgemeinden einen „Betrauungsvertrag“ aus. Der definiert nach neuem Recht die Verkehrsleistungen (Umfang und Kosten), und zwar nach „den Kriterien eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens“ (Kalbfuss), zertifiziert von Wirtschaftsprüfern.

Kritik am Wettbewerbskurs der Landesregierung blieb nicht aus. Zum Beispiel gewähre Hessen als einziges Bundesland keine Finanzierungshilfen mehr für die Neuanschaffung von Fahrzeugen. Hätte Mobilo seinen Sitz etwa in Thüringen, bekäme das Unternehmen 70 Prozent der Investitionskosten der für 2007 bestellten 18 neuen Straßenbahnen ersetzt. Für Hessen ein klarer Standortnachteil, sagte Fiedler, ebenso wie die Einseitigkeit bei Ausschreibungsverfahren. So könne die Hamburger Hochbahn nun in Wiesbaden Linien fahren, habe zuhause an der Elbe aber einen geschützten, garantiert wettbewerbsfreien Raum. Fiedler in Richtung Landesregierung, die über die Hessische Gemeindeordnung (HGO) das Mitmischen hessischer Verkehrsbetriebe in anderen Bundesländern behindere: „Man kann doch nicht sagen, geht raus in den Wettbewerb und uns gleichzeitig fesseln und knebeln mit dieser HGO.“

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