Feinstaub-Aktionsplan: Anwohner von Landskron- und Klappacher Straße wehren sich gegen Lkw-Umleitung
Gegen die im Feinstaub-Aktionsplan für Darmstadt vorgesehene Umleitung des Lastwagenverkehrs über den Süden der Kernstadt regt sich in den betroffenen Gebieten massiver Protest. Gleich in mehreren unabhängig voneinander gegründeten Privatinitiativen machen Anwohner gegen das Vorhaben mobil. Von einer „unsinnigen und unerträglichen verkehrspolitischen Maßnahme“ ist in einem Aufruf zu lesen, den „wir als Anwohner nicht hinnehmen werden“.
In dem vom hessischen Umweltministerium gemeinsam mit der Stadt Darmstadt erarbeiteten Aktionsplan ist unter anderem vorgesehen, die am stärksten mit Feinstaub belastete Hügelstraße für den Lastwagenverkehr zu sperren, wenn ein entsprechender EU-Grenzwert zum 33. Mal in diesem Jahr überschritten wird (bisher gab es 27 Überschreitungen). Laster ab 3,5 Tonnen sollen dann über Heidelberger Straße, Landskronstraße, Klappacher Straße, Nieder-Ramstädter Straße und Teichhausstraße großflächig umgeleitet werden. Die Zusatzbelastung in der Landskronstraße wird auf 1474 Lastwagen pro Tag geschätzt.
„Es geht hier offenbar nicht um Lösungen, nur um Statistiken“, kritisiert Thomas von Sierakowsky, der mit seiner Familie in der Landskronstraße lebt. Er wirft den Autoren des Aktionsplans vor, ausschließlich auf die Senkung der Messwerte in der Hügelstraße bedacht zu sein. „Die Nachteile dieses Vorhabens für unser Wohngebiet bezüglich Lärm, Abgas und Feinstaubbelastung und nicht zuletzt Sicherheit vor allem für Kinder und ältere Menschen sind so eindeutig, dass wir denken, wir müssen uns dagegen zur Wehr setzen“, heißt es in einem Aufruf an die Anwohner von Landskron- und Klappacher Straße sowie der Nebenstraßen, den Sierakowsky gemeinsam mit Nachbarn verfasst hat. Innerhalb weniger Tage habe man mehr als 50 Unterschriften gesammelt, sagte Sierakowsky.
In Schreiben an Hessens Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU) sowie an den Darmstädter Verkehrsdezernenten Dieter Wenzel (SPD) wird darauf verwiesen, dass der Lkw-Verkehr in der Landskronstraße in den vergangenen Jahren ohnehin bis zur täglichen Überlastung angestiegen sei. Insbesondere für Kinder aus den angrenzenden Wohngebieten sei es kaum noch möglich, gefahrlos die Straße zu überqueren.
„Wir haben schon die ganze Zeit eine Wahnsinnsbelastung“, sagt auch Doris Mengel-Walther, die in der Klappacher Straße wohnt. Nach Beobachtung von Anwohnern hat sich der Lkw-Verkehr auf dieser Route seit Einführung der Autobahnmaut noch verstärkt. Auch Mengel-Walther hat begonnen, Unterschriften gegen den Aktionsplan zu sammeln. Sie wundert sich darüber, dass die Stadt nach Veröffentlichung des Aktionsplans dazu auf Distanz gegangen ist, nachdem sie doch an der Ausarbeitung des Plans beteiligt war.
„Der Aktionsplan ist akzeptabel, aber nicht das, was wir uns gewünscht haben“, sagt dazu Umweltdezernent Klaus Feuchtinger. Mitarbeiter seines Dezernats hatten bei der Ausarbeitung des Plans mitgewirkt. „Wir haben als Stadt aber keine echten Verhandlungen führen können, saßen am kürzeren Hebel“, erklärt Feuchtinger. Bei der Festlegung der Umgehungsstrecke „hat uns das Land allein gelassen“.
Man habe immerhin noch verhindern können, dass der Lkw-Verkehr durch die ohnehin stark belastete Heinrichstraße geführt werde. „Uns blieb dann nicht anderes mehr übrig, als die Landskronstraße zu akzeptieren.“ Ansonsten aber kritisiert auch der Umweltdezernent, dass der Aktionsplan „nur auf die Messstelle in der Hügelstraße schaut“. Er hoffe darauf, bei der Fortschreibung des Aktionsplans im kommenden Jahr Änderungen durchzusetzen.
„Damit das klar ist – diese Umleitung wird es mit mir nicht geben“, hatte der Darmstädter Verkehrsdezernent Dieter Wenzel vergangene Woche im ECHO-Interview gesagt. Allenfalls eine einwöchige Sperrung der Hügelstraße sei probeweise denkbar. Feuchtinger hingegen setzt nach eigenem Bekunden darauf, dass der kilometerlange Umweg mit mehreren Ampelstopps für Lastwagen so unattraktiv sei, dass sie sich andere Routen an Darmstadt vorbei suchen würden.
Es werden wohl nicht alle Lastwagen den Umweg in Kauf nehmen – davon geht auch Lothar Simon aus, der ebenfalls in der Landskronstraße wohnt. Selbst eine geringere Zunahme des Lkw-Verkehrs sei jedoch nicht hinnehmbar. Trotz geschlossener Schallschutzfenster seien die großen Lastwagen in seiner Wohnung deutlich zu hören. Simon hat beim Umweltministerium eine Einwendung gegen den Aktionsplan eingereicht und – wie einige andere Anwohner auch – Briefe an die zuständigen Darmstädter Magistratsmitglieder geschickt. Eine Bürgerinitiative oder Interessengemeinschaft sei in der Gründungsphase.
800 Formulare für vereinfachte Einwendungen wolle er mit Gleichgesinnten noch kurzfristig in der Nachbarschaft verteilen, kündigte Simon gestern an: „Und wenn alles nicht fruchtet, werden wir uns weitere Schritte überlegen“ – etwa vor Gericht. Auch Straßenblockaden seien denkbar.