Zurück | 27.08.2004 | Quelle:Frankfurter Rundschau |
Neue Züge, mehr Sicherheit in der S-BahnEine ganze Reihe von Artikeln in der heutigen Rundschau beschäftigen sich mit dem S-Bahn-Verkehr im Rhein-Main-Gebiet, welche hier gesammelt abgelegt wurden.Neue Züge, mehr Sicherheit in der S-Bahn RMV will mehr Platz in den S-Bahnen schaffen Geschäftsführer Sparmann: Verbund wird zusätzliche Langzüge einsetzen / Tausende neue Kunden durch Anbindung von Darmstadt und Rodgau Frankfurter Rundschau: Herr Sparmann, wann sind Sie das letzte Mal S-Bahn gefahren? Volker Sparmann: Gestern. Auf dem Weg nach Darmstadt. Sind Sie pünktlich gewesen? Natürlich waren wir pünktlich. Da hatten Sie das Glück, das viele Leute nicht haben. S-Bahn-Fahren soll kein Lotteriespiel sein. Deshalb arbeiten wir daran. Wann kann sich der Fahrgast darauf verlassen, dass die S-Bahnen täglich pünktlich sind? Wenn es uns gelingt, gemeinsam mit der Deutschen Bahn die Mängel, die sich in der Regel auf die Mischstrecken beziehen - insbesondere auf dem Korridor Wiesbaden/Mainz nach Frankfurt - zu beseitigen. Durch den Einsatz neuer Fahrzeuge kriegen wir eine höhere Flexibilität. Sie kommen schneller in die Stationen rein und aus ihnen raus. Und sie können unterwegs eine höhere Geschwindigkeit fahren. Wann kommen die neuen Fahrzeuge? Dieser Tage ist es uns durch harte Verhandlungen gelungen, mit Hilfe der DB Regio schneller als ursprünglich vereinbart neue Fahrzeuge zu erhalten. In diesem Jahr wollen wir statt der geplanten Anzahl von 40 neuen Fahrzeugen bereits 60 neue haben, bei einem Gesamtbestand von 165. Nächstes Jahr werden es 80 Züge sein, die dank ihrer hohen Flexibilität Unregelmäßigkeiten im Fahrplan ausgleichen können. Die Frankfurter Rundschau hat in den vergangenen sechs Wochen in einer Serie die S-Bahn-Linien vorgestellt und Fahrgäste interviewt. Es gab Lob, aber auch Kritik. Erstaunlicherweise wünschen viele kürzere Taktzeiten. Können Sie das nachvollziehen? Wenn wir öfter fahren, wird das System viel teurer. Wir haben stattdessen vor, mehr Platzkapazitäten anzubieten. Wo es Engpässe gibt, werden wir Langzüge einsetzen, also eine zusätzliche Zugeinheit anhängen. Das geht mit den neuen Fahrzeugen preiswerter als mit den alten, weil wir kein zusätzliches Personal benötigen. Kürzere Taktzeiten sind wegen der Infrastruktur problematisch. Da sind wir sehr eng. Von längeren Zügen haben die Schüler, die schneller nach Hause wollen, nichts. Aber unter den jetzigen Rahmenbedingungen sind nur vereinzelt Taktänderungen möglich. In Berlin fahren die wichtigsten S-Bahn-Linien den ganzen Tag im Zehn-Minuten-Takt. Warum geht das dort? Interview Volker Sparmann (60) arbeitet seit zwölf Jahren als Geschäftsführer beim Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV). Er hat in Darmstadt Bauingenieurwesen studiert und ist unter anderem Vize-Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen. jur Weil auf den Fahrwegen in Berlin allein S-Bahn-Fahrzeuge verkehren. Der Frankfurter Hauptbahnhof hingegen ist mit seinem Umfeld der verkehrlich bedeutendste Bahnhof Europas. Wir haben in unserem Netz alle Probleme: die Kombination von Fern- und Nahverkehr, die Probleme von kreuzenden Knoten mit dem Hauptengpass Sportfeld. Berlin hat außerdem einen Ring um das Zentrum. Mit einer Regionaltangente West, die wir vielleicht mit einer Regionaltangente Ost kombinieren, könnten wir einen ganz anderen Verkehr flexibel und variabel gestalten. Kommen wir zum Kritikpunkt Fahrpreise. Warum ist der RMV so teuer? Bei einem sehr hohen Kosten-Deckungsgrad, wie der RMV ihn hat, hat man auch hohe Preise. Wir stehen dazu, weil der nicht gedeckte Aufwand mit Steuergeld bezahlt werden muss. Wir wollen unser Geld nicht ins operative Geschäft investieren, sondern damit das System stabiler und besser machen. Dazu gehört der vierspurige Ausbau von Frankfurt-West nach Bad Vilbel oder die nordmainische S-Bahn. Eine Verbesserung des Angebots wird gut angenommen. Mit der Anbindung von Darmstadt oder dem Rodgau haben wir pro Strecke täglich 7000 bis 8000 neue Kunden gewonnen. Mit den entsprechenden Tarifen könnten es vielleicht noch mehr sein. Deshalb werden wir zum Fahrplanwechsel im Dezember die 9-Uhr-Zeitkarte einführen, eine stark rabattierte Monats- oder Jahreskarte, die außerhalb der Spitzenzeiten gilt. Wir haben hier vor allem die Hausmänner und -frauen im Auge sowie die mobilen Alten. Auch für Nachtschwärmer bietet sich das Ticket an. Die müssen schon um kurz nach Mitternacht heim, weil dann die letzte S-Bahn fährt. Der VCD fordert einen "Nachtstern Schiene Rhein-Main" Was halten Sie von der Idee, S-Bahnen an Wochenenden die ganze Nacht über verkehren zu lassen? Ich plädiere für kombinierte und flexible Betriebsweisen. Man könnte Verkehr sammeln und mit Taxi, Anrufsammeltaxi, Mietwagen oder Carsharing in die Ziele zu verteilen. Wenn die Nachfrage da ist, werden wir ein Angebot schaffen. Wie wollen Sie Erkenntnisse über die Nachfrage gewinnen? Wir haben schon Erfahrungen. Zum Beispiel mit Sound of Frankfurt oder dem Idsteiner Jazzfestival. Künftig werden wir flexibler mit den Veranstaltungen umgehen. Das kann man auch mit Sponsoring verbinden. Das sind Sonderveranstaltungen. Was ist mit den 18-Jährigen aus der Wetterau, die nach Darmstadt in die Disco wollen? Man sollte sich zunächst auf große Veranstaltungen beschränken. Man muss da Erfahrungen sammeln. Wann testen Sie das? Jetzt bringen wir erstmal das 9-Uhr-Ticket auf den Markt. Das ist ja auch attraktiv für Fahrgäste, die eher abends und noch später unterwegs sind. Aber zusätzliche Zugfahrten in der Nacht anbieten..., das hängt stark von der Finanzlage ab. Vielleicht kann man ja in den Nächten auf Samstag und Sonntag damit beginnen. Viele Fahrgäste haben auch den Wunsch nach mehr Sicherheitspersonal geäußert. Die Kosten für das Sicherheitssystem werden durch steigende Fahrgastzahlen in den Abendzeiten, insbesondere Frauen, gedeckt. Deshalb wollen wir bei Sicherheit, Sauberkeit, Service noch zulegen. Interview: Jutta Rippegather und Wolfgang Schubert. KOMMENTAR Auf dem Weg VON JUTTA RIPPEGATHER Die S-Bahn ist das Herzstück des öffentlichen Personennahverkehrs im Rhein-Main-Gebiet. Hunderttausende fahren damit täglich zur Arbeit, in die Schule, an die Uni, zu Freunden oder zum Einkaufen. Dafür zahlen diese Menschen nicht wenig Geld - wofür sie auch etwas verlangen können. Deshalb ist es richtig, dass der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) ihren Wünschen entgegenkommt. Mit der zügigen Erneuerung des Fahrzeugparks ist der Verbund auf dem richtigen Weg. Die modernen Züge erhöhen die Pünktlichkeit, bieten dank des durchgehenden Gangs mehr Sicherheit, ein hübscheres Ambiente und mehr Komfort. Hier befindet sich der Fahrgast im 21. Jahrhundert und nicht im Museum, wie in den alten Fahrzeugen. Auf die Höhe der Zeit muss der Verband nun die Verkehrszeiten bringen. Da gibt es noch Nachbesserungsbedarf. Der Einführung des Halbstundentakts am Wochenende müssen Angebote in den späteren Abendstunden folgen, die der Lebensrealität der Menschen im Rhein-Main-Gebiet Rechnung tragen. Es kann nicht angehen, dass der Theaterbesucher nach der Vorstellung in Eile sein Bier herunterstürzen muss, weil er sonst die letzte S-Bahn verpasst. Ändert sich daran nichts, wird dieser Mensch das nächste Mal das Auto nehmen - und der RMV hat einen Kunden weniger. Kurz-URL: | ||