Zurück

31.03.2006

Quelle:Darmstädter Echo

Ziel: Wie geschmiert laufende Itinos

Die 75 Tonnen wiegenden Triebwagen werden wie Autos angehoben

Reger Betrieb herrscht zurzeit in der Werkstatt der Vias GmbH auf dem Gelände der Odenwaldbahn Infrastruktur GmbH am Hammerweg 45a. An den beiden Enden der Halle türmen sich riesige so genannte Powerpacks auf, auf denen zwei Leute gleichzeitig arbeiten.

Für den Außenstehenden unterscheiden sich die vielen Monteure und anderen Mitarbeiter zunächst nur durch unterschiedliche Kleidung und Dialekte. Die 5,5 Tonnen schweren Powerpacks bestehen aus dem Motor, dem Getriebe und dem Generator eines Itino. Wie mehrfach berichtet, weisen die neuen Dieseltriebwagen Mängel auf, die als Hauptursache dafür gelten, dass der Betrieb der neuen Odenwaldbahn weiter und sogar wieder verstärkt alles andere als reibungslos läuft. (wie mehrfach berichtet).

Dass dies so kommen würde, damit hat nach eigenem Bekunden auch Karl-Reinhard Wissmüller er nicht gerechnet. Doch der Odenwälder Chef der Infrastruktur GmbH, die für Bahnbetreiber Vias und nun auch Triebwagen-Hersteller Bombardier die Werkstatt am Michelstädter Hammerwerk gebaut hat und vorhält, lässt sich nicht beirren. Für ihn geht es bei der Odenwaldbahn um mehr als nur um eine Zugverbindung in die Rhein-Main-Metropole und an den Neckar.

„So alle 14 Tage zeige ich hier einer Gruppe, was in der Wartungshalle geschieht“, erzählt der Unternehmer. Viele wollen sehen, wo und wie die neuen „spurtstarken Triebzüge des Typs Bombardier Itino“, wie der Henningsdorfer Hersteller sein Produkt beschreibt, gewartet werden: Sportvereine, Jahrgänge, der Odenwaldklub waren schon hier. Offenbar gerade die Beschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometern machen dem noch jungen Fahrzeug Probleme.

Der örtliche Betriebsleiter der Vias GmbH, Franz Reh, gibt unumwunden zu: „Es ist nicht unüblich, dass bei neuen Fahrzeugmodellen Kinderkrankheiten auftreten.“ Die meisten der 22 Itinos seien bei der Rurtalbahn in Düren, teils über Monate hinweg, probeweise im Fahrgasteinsatz gewesen. Dennoch trete erst jetzt gehäuft das Problem auf, das die Verantwortlichen beim Rhein-Main-Verkehrsverbund und der Vias dazu veranlasst habe, an allen Fahrzeugen sämtliche Dichtungen auszutauschen.

„Der auffallend hohe Ölverlust hat sich erst nach gut zwei Monaten Dauereinsatz auf der Odenwaldbahn abgezeichnet“, erklärt der Techniker. Jede Streckenführung hat ihre eigenen Besonderheiten, lasse sich daraus schließen. Auch wenn die Spitzengeschwindigkeit noch nicht erreicht werden könne, machten der knappe Zeitplan und die häufigen Stopps auf der Strecke den Motoren schwer zu schaffen.

Gut zehn Mechaniker von Bombardier sind daher derzeit damit beschäftigt, bei allen Fahrzeugen prophylaktisch die Papierdichtungen gegen widerstandsfähigere metallbeschichtete Dichtungen auszutauschen. Um sicher zu gehen, dass nicht andere Schwachstellen den Itino erneut in die Kritik bringen können, nehmen zwei bis drei Angestellte des Herstellers MAN auch noch den Motor unter die Lupe.

Bombardier hat eigens für die Aktion einen externen Bürocontainer eingerichtet, um den wechselnden Einsatz seiner Mitarbeiter besser organisieren zu können. Gearbeitet wird auf Hochtouren. Zwei Itinos werden in einer Woche umgerüstet. Etwa die Hälfte der Triebwagen geht nach und nach in die Werkstatt der Erfurter Industriebahn, um dort neue Dichtungen zu erhalten. Anders wäre der versprochene Zeitplan nicht einzuhalten, bis zum Ende der Osterferien alle Fahrzeuge wieder in Schuss zu bringen („Odenwaldbahn: Alle Züge müssen in die Werkstatt“, ECHO vom 25. März).

Auch für Jürgen Hartmann, in der Vias-Werkstatt zuständig für die Koordinierung der Arbeiten, bedeuten diese Wochen alles andere als Normalbetrieb: „Wir setzen alles daran, dass alles möglichst schnell über die Bühne geht und die Züge wieder richtig funktionieren.“

Dem schließt sich der Michelstädter Wissmüller an. Beim Hinausgehen erklärt er noch, wie die Powerpacks auf die riesigen Wagen gelangen, um daran arbeiten zu können. Ähnlich wie in einer Autowerkstatt wird der Triebwagen zuvor angehoben, nur dass dieser rund 75 Tonnen wiegt. 32 Schrauben und einige Schlauchverbindungen müssen gelöst werden – schon gibt der Itino sein Herzstück frei.

Kurz-URL:

Link teilen: Quelle twittern 

Zurück