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23.06.2005

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„Erste Sperrung dieser Art in Hessen“

Verbot: In Bickenbach muss der Schwerlastverkehr seit gestern draußen bleiben – „Ein historischer Tag“ an der B 3

Mit einem kräftigen „Hau-Ruck!“ an der Kreuzung Zwingenberger Straße und Berta-Benz-Straße wurde gestern Vormittag der Schwerlastverkehr aus der Bickenbacher Ortsmitte ausgesperrt. Der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Alois Rhiel und Bürgermeister Günter Martini (beide CDU) stemmten dort gemeinsam ein Verkehrsschild in die Luft, das nach Jahrzehnten die Wünsche vieler Anwohner wahr werden lässt: „Durchfahrt für Lkw über 7,5 Tonnen verboten“, weist das Schild an. Ausgenommen sind lediglich Fahrzeuge, die zum Bickenbacher Ziel- und Quellverkehr gehören.

Der Schwerlastverkehr muss nun die Bundesstraße 3 von Süden her verlassen und die westliche Umfahrung durch die Gewerbegebiete nehmen. An der Kreuzung vor der Autobahnausfahrt Seeheim-Jugenheim wird der Verkehr dann wieder in Richtung Schuldorfkreuzung gelenkt, ab dort darf er wieder die B 3 nach Darmstadt-Eberstadt befahren.

Vor allem diene die neue Regelung der Verkehrssicherheit für die Fußgänger im Bickenbacher Ortskern betonte der Minister bei seiner kurzen Ansprache: „Das hier ist die erste Sperrung in Hessen, die sich in dieser Art realisieren ließ.“ Er verwies darauf, dass die Gehwege der Darmstädter Straße „abschnittsweise nur 75 Zentimeter breit“ seien und die Ortsdurchfahrt lediglich die notwendige Mindestbreite von 5,50 Meter aufweise. Rhiel: „Somit musste insbesondere bei großen Lastwagen im Begegnungsverkehr von einer latenten Gefährdung von Fußgängern in der Ortsdurchfahrt ausgegangen werden.“

Wert legt der Minister nochmals darauf, dass die nun angeordnete Sperrung nichts mit der Einführung der Lkw-Maut zu tun habe. Die Sperrung lediglich aufgrund gestiegener Schwerverkehrszahlen anzuordnen – die in Bickenbach nach Verkehrszählungen auch nicht vorliegen – sei „rechtlich unzulässig“ sagt Rhiel mit Blick auf die Landespolitik.

Noch in den vergangenen Monaten sah es so aus, als würde die Umfahrung nicht zu realisieren sein. Vor allem der Landrat und das Amt für Straßen- und Verkehrswesen (ASV) sprachen sich gegen die Sperrung aus. Nähere Gründe hierfür waren nicht in Erfahrung zu bringen. Erst nachdem das Land die Sache an sich gezogen hatte, fiel eine Entscheidung. „Wir kommentieren Anordnungen des Ministeriums grundsätzlich nicht“, blieb das Landratsamt daher auch wortkarg zur Sperrung. Zum Termin nach Bickenbach schickte der Landrat lediglich einen Mitarbeiter mit den angeforderten Schildern.

Den Bickenbachern wird’s egal sein. Lange genug mussten sie unter Lärm und Dreck auf der Hauptstraße leiden. Gestern quittierten die anwesenden Bürger die Sperrung mit Applaus und „Bravo“-Rufen. Bürgermeister Martini sprach sogar von einem „historischen Tag“ für Bickenbach. Durch „vorausschauende Planung“ – gemeint war der Bau der Umgehungsstraße im vergangenen Jahr – sei es gelungen, die Bürger zu entlasten, ohne die Nachbarkommunen nach dem St.-Florians-Prinzip zu schädigen. „Die Sperrung der Ortsdurchfahrt ist ein großer, großer Schritt.“

Auch der SPD-Bürgermeisterkandidat Markus Hennemann reklamierte die Sperrung als einen Erfolg für seine Partei: „Immerhin waren wir es, die das ganze mit einer Anfrage mit ins Rollen gebracht haben.“ Nun wünscht er sich einen Kreisel an der Berta-Benz-Straße, um Rückstaus in den Ort hinein zu verhindern.

Dem widerspricht Martini: „Wir wollen hier eine abknickende Vorfahrtsregelung verwirklichen, auch weil Experten eine Zunahme des Schwerverkehrs bis zu 60 Prozent in den nächsten Jahren prognostizieren.“ Auch habe diese Verkehrsführung den „psychologischen Effekt, vielleicht sogar Pkw-Fahrer aus Bickenbach heraus zu halten“.

Zukunftsmusik – gestern war Feiertag in Bickenbach. Lange unterhielten sich die Anwesenden, während Mitarbeiter des Bauamts auf hohen Leitern die Schilder dauerhaft befestigten.

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