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17.09.2001

Quelle:Michael Kalbow

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Nulltarif in Templin, Deutschland

Textauszüge aus "Wirkungsanalyse des Nulltarifs im ÖPNV am Beispiel der Stadt Darmstadt"

Templin liegt im Bundesland Brandenburg ca. 70 km nördlich von Berlin und ist eine Kleinstadt mit rund 14.000 Einwohnern. Zentrum ist die historische Altstadt, in der sich der Markt, das alte Rathaus, die Stadtkirche, Einzelhandel und Gastronomie befinden. Bis 1993 war Templin Kreisstadt, doch mit der Entstehung des Großkreises Uckermark ging dieser Status verloren. Bedingt durch ihre geographische Lage zwischen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und Naturpark Uckermark war die Stadt seit jeher Erholungsort und Tourismusziel.

Obwohl Templin durch mehrere Regional- und vier Stadtbuslinien erschlossen war, lag eine hohe Belastung durch den MIV vor. Besonders betroffen war der historische Stadtkern mit rund 17.000 Fahrzeugen täglich. Dieser Zustand in Zusammenhang mit der bisher nur spärlichen Annahme des Stadtbussystems durch Bürger und Besucher war Hauptauslöser für die Planung des Projektes "Fahrscheinfreier Stadtverkehr Templin".

Das zunächst auf zwei Jahre angelegte Projekt startete Mitte Dezember 1997 mit einer breit angelegten Marketingkampagne: Die Öffentlichkeit wurde mit Faltblättern zu Fahrplänen und Linienetz informiert und zur besseren Identifikation bekam der Stadtbus ein eigenes Logo und einen Namen. Neben der Abschaffung des Fahrpreises für alle Fahrgäste wurde die Linienführung geändert, die Haltestellenanzahl stieg von 27 auf 42 und die Bedienzeiten entsprechend den Kundenpotentialen modifiziert. Auf den Hauptästen des Netzes sah der Fahrplan einen Takt von 30 Minuten vor, was die Betriebsleistung von vorher 102.000 auf 117.000 Fahrzeug-km um rund 15% ansteigen ließ. Verknüpfungspunkt mit dem Regionalverkehr ist nach wie vor der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB), allerdings erhielt das Stadtbussystem einen eigenen zentralen Umsteigepunkt am Markt in der Altstadt. Die Buslinien des Regionalverkehrs sind innerhalb des Stadtgebietes einschließlich der Ortsteile ebenfalls "fahrscheinfrei".

Anfänglich wurde das Projekt durch einen Vertrag zwischen der Stadt Templin und dem Betreiber der Stadtbusse, der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft organisiert. Grundlage des Vertrages war der nachträgliche Erwerb der Fahrscheine durch die Stadt auf Basis repräsentativer Fahrgastzählungen. Vor Beginn des Projektes betrugen die Gesamtkosten des Stadtbusbetriebes jährlich 350.000 DM, denen Einnahmen durch Fahrscheinverkauf von 50.000 DM gegenüberstanden und somit einen Kostendeckungsgrad von ca. 14% einbrachten. Die Kosten des Projektes teilen sich der Landkreis Uckermark als Träger des ÖPNV, das Land Brandenburg und die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft mit der Stadt, wobei allein der städtische Anteil 177.000 DM pro Jahr (vorher 50.000 DM/Jahr) beträgt. Diesen Anteil erwirtschaftet Templin mitunter durch eine erhöhte Kurtaxe, Einnahmen aus Parkraumbewirtschaftung und Sponsorengeldern durch Werbung an den Haltestellen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten, wie z.B. der Busbenutzung zum Vergnügen, spricht man in Templin heute von einer überwiegend positiven Entwicklung. Die hohen Zuwachsraten bei den Beförderungsfällen (die Fahrgastzahlen haben sich in den drei Jahren verdreizehnfacht, (vgl. Abbildung 6) und die Taktverdichtung auf den Hauptachsen von 30 auf 20 Minuten zum Fahrplanwechsel im Mai 2000 sind ein deutliches Zeichen.

Nach drei Jahren Projektdauer lassen sich auch weitere Effekte erkennen: Ein Schritt zur Verwirklichung des Hauptzieles (Reduzierung des MIV und dadurch weniger Lärm, Abgase und Unfälle) ist erreicht, denn 25% der neu gewonnen Fahrgäste sind umgestiegene KFZ-Fahrer. Auch von Seiten des Image kann Templin von Zugewinnen sprechen: Ein erhöhter Bekanntheitsgrad durch eine umfangreiche Medienberichterstattung hat die Zahl der jährlichen Übernachtungen um 33% auf 250.000 steigen lassen. Nicht zuletzt haben sich auch die Einnahmen des Verkehrsunternehmens verfünffacht.

Anhang:
Entwicklung der Fahrgastzahlen in Templin 1997 bis 2000
Quelle: Angaben der Stadt Templin

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