Zurück

02.03.2005

Quelle:Darmstädter Echo

Erster Erfolg für den Einkaufsriesen

Städtestreit - Verwaltungsgericht weist Darmstadt Klage gegen ein 100-Millionen-Projekt in der Riedbahn ab

Der Alptraum der Darmstädter Geschäftswelt könnte schon bald im Weiterstädter Stadtteil Riedbahn Wirklichkeit werden. Am gestrigen Dienstag hat das Verwaltungsgericht Darmstadt eine Klage der Stadt Darmstadt abgewiesen, mit der diese gegen einen positiven Bauvorbescheid des Kreises für das riesige Einkaufszentrum in der Riedbahn vorgegangen war.

Seit Jahren gibt es zwischen Kreis, Darmstadt und Weiterstadt Streit um das Großprojekt auf dem alten Norddruck-Gelände an der Gutenbergstraße neben der A 5. Dort betreibt die Starkenburger Grundstücksgesellschaft (STG) seit 1996 die Errichtung einer Einkaufsmall, vergleichbar dem Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim oder dem Main- Taunus-Zentrum in Sulzbach. Laut Bauantrag von 1998 plant die STG mit einer Verkaufsfläche von knapp 47 000 Quadratmeter. Zwischen 180 und200 Fachgeschäfte sollen in der Mall Platz finden. Auf 400 Meter Länge sollen sich die Geschäfte auf drei Geschossen entlang der Ladenstraßen reihen. In einem Parkhaus und auf dem Dach sind 2650 Parkplätze eingeplant. Das Investitionsvolumen beziffert die STG auf "mindestens 100 Millionen Euro".

Das Projekt stellt aus Darmstädter Sicht eine Gefahr für die Innenstadt dar: Von einem "existenzgefährdenden Moloch" spricht der Einzelhandel. Den 120 000 Quadratmeter Einkaufsfläche in Darmstadts Innenstadt stünden dann weit mehr als 100 000 Quadratmeter in Weiterstadts Großmärkten gegenüber.

Darmstadt kämpft daher seit 1998 gegen das Projekt. Gegen den positiven Bauvorbescheid des Kreises legte man Widerspruch und Klage ein, eine zweiter Vorbescheid des Kreisbauamtes wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Fall gebracht. Gleichzeitig genehmigte die Stadt den RealMarkt im Industriegebiet, um so einen Kaufkraft-Puffer zwischen sich und Weiterstadt zu bringen.

Ein juristisch herber Rückschlag für Darmstadt

Gestern musste Darmstadt allerdings einen juristisch herben Rückschlag einstecken. In einer mehr als zweistündigen Verhandlung erörterte die neunte Kammer unter ihrem Vorsitzenden Rainer Hepp die Rechtslage ausführlich, um dann gegen Darmstadt zu entscheiden. "Die Klage wird abgewiesen", hieß es am Ende. Der Bauvorbescheid gilt damit als rechtmäßig.

Darmstadt hatte in dem Verfahren geltend gemacht, dass die Mall Verkehrsprobleme hervorrufen werde, die bis auf das eigene Stadtgebiet ausstrahlen würden. Tatsächlich kommt ein Gutachten Weiterstadts zu dem Ergebnis, dass der Verkehr in der Riedbahn durch das Zentrum um rund 50 Prozent zunehmen werde, Darmstadt geht sogar von 70 Prozent aus. Erschwerend komme hinzu, dass der Darmstädter Innenstadt weitere Kaufkraft entzogen werde. Außerdem habe Weiterstadt durch die Planung ohne Mitwirkung des Nachbarn das interkommunale Rücksichtnahmegebot verletzt.

Dieser Argumentation folgten die Verwaltungsrichter allerdings nicht. "Im Ergebnis kann sich Darmstadt nicht wirksam auf eine Verletzung von Bauplanungsrecht berufen", fasste Richter Hepp das Ergebnis der Urteilsberatungen gegenüber dem ECHO zusammen. Teilweise sei es auf das Vorbringen der Stadt nicht angekommen, teilweise könne sich die Stadt als Gebietskörperschaft nicht auf Nachbarrechte berufen. Zugute komme dem Bauvorbescheid des Kreises, dass er nach altem, 1997 noch geltendem Recht ergangen ist. Inzwischen räume eine Änderung des entscheidenden Paragrafen im Baugesetzbuch Nachbarstädten mehr Rechte ein. "Wäre das Urteil nach heutigem Recht zu beurteilen gewesen, hätte Darmstadt weitaus bessere Karten gehabt", sagte Hepp.

"Das Ergebnis war leider abzusehen", kommentiert Darmstadts Stadtbaurat Dieter Wenzel (SPD) das Urteil in einer ersten Stellungnahme. "Aber wir sind immer noch der Meinung, dass ein derartiges Einkaufszentrum in der Riedbahn fehl am Platze ist und werden die Interessen Darmstadts weiter wahrnehmen." Nach Zugang der schriftlichen Entscheidungsgründe wolle man weitere Schritte prüfen, "auch ob wir Berufung einlegen werden".

"Ich freu mich wie ein Bär beim Tanzen"

Eitel Freude herrscht hingegen bei der STG: "Ich freu' mich wie ein Bär beim Tanzen", sagte Mitgeschäftsführer Armin Knaus. Das Urteil sei für sein Unternehmen "wir haben bisher schon über 20 Millionen Euro investiert" - überlebenswichtig. "Wir gehen davon aus, dass nun bald eine Baugenehmigung erteilt wird und wir anfangen können ".

Weniger euphorisch reagiert Weiterstadts Bürgermeister Peter Rohrbach. "Das Urteil war ein wichtiger Schritt, aber jetzt warten wir erst noch die weitere Entwicklung ab". Wichtig sei für ihn, "dass unsere Rechtsauffassung bestätigt wurde".

Kurz-URL:

Link teilen: Quelle twittern 

Zurück