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29.04.2006

Quelle:Frankfurter Rundschau

Arheilger lehnen Straßenbahn ab

Interessengemeinschaft bereitet Klage gegen Ausbau vor / „Wo sollen 3000 zusätzliche Fahrgäste herkommen?“

Bis Mitte Mai haben die betroffenen Bürger in Arheilgen Zeit, gegen den Beschluss des Regierungspräsidiums zum Ausbau der Straßenbahnlinie zu klagen. Innerhalb von einer Woche haben Anwohner der Frankfurter Landstraße jetzt rund 10 000 Euro für Prozesskosten gesammelt.

Darmstadt · Mehr als hundert Arheilger kamen am Donnerstagabend in den Weißen Schwan, um sich über rechtliche Mittel gegen den geplanten Ausbau der Straßenbahnlinie zu informieren. „Hier geht es um 22 Millionen Euro“, kritisierte Wolfgang Heinz, der Vertreter der Interessensgemeinschaft (IG) Frankfurter Landstraße. Anwohner müssten erhebliche Nachteile in Kauf nehmen, damit vielleicht einige Fahrgäste mehr die Straßenbahn nutzen, sagte Heinz. Die IG wolle klagen, „weil es günstigere und bessere Alternativen gibt“.

Schon jetzt seien die Straßenbahnzüge außerhalb der Stoßzeiten fast leer, sagte Michael Vos von der IG. Täglich nutzen sie in Arheilgen etwa 3600 Menschen, hat Heinz vom Betreiber Heag mobilo erfahren. „Da man nur eine Buslinie gegen eine Straßenbahn ersetzt, wo sollen dann bitte schön die hypothetisch angenommenen zusätzlichen 3000 Fahrgäste herkommen?“, fragte Vos. „Wir möchten einen sinnvollen, bürgernahen Verkehr, der jedem zugute kommt und kein Massenbeförderungsmittel, das keiner braucht.“

Rechtsverstöße entdeckt

Mit dem Beschluss des Regierungspräsidiums vom März gibt es Baurecht. Laut IG können betroffene Bürger nur noch bis Mitte Mai dagegen klagen. Alle vorherigen Bemühungen der IG, den zweigleisigen Ausbau im Planungsbeirat zu verhindern, seien abgewiegelt worden „Das war eine Alibiveranstaltung“, sagte Heinz.
„Ich halte die Aussichten für eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für gut“, sagte Anwalt Hans Mohrmann. Der ehemalige ehrenamtliche Stadtrat der Grünen und Rechtsvertreter der IG Abwasser will im Planfeststellungsverfahren mehrere Rechtsverstöße entdeckt haben: Die geplante Gleisführung sei nicht von der Straße getrennt. „Das ist nach der Betriebsordnung für Straßenbahnen rechtlich unmöglich.“ Damit verbiete das Gemeindefinanzierungsgesetz dem Land, sich am Bau zu beteiligen. Auch seien Umweltverträglichkeit und Lärmschutz nur mangelhaft beachtet worden.

„Ich gehe davon aus, dass hier nicht gegen geltendes Recht verstoßen worden ist“, sagte Dieter Ohl, der Pressesprecher des Regierungspräsidiums, gegenüber der FR. Wenn die IG Einspruch einlege, werde die Behörde dies natürlich prüfen. „Ich bin sicher, dass das einer Überprüfung standhält“, sagte Stadtrat Dieter Wenzel (SPD) auf Nachfrage. „Das ist nach Auffassung der überwiegenden Mehrheit der Beteiligten die sinnvollste Form der Daseinsvorsorge“, rechtfertigte Wenzel das Bauvorhaben. „Wenn wir jetzt nicht handeln, dann gibt es möglicherweise in vier, fünf Jahren in Arheilgen kein Gewerbe mehr.“ Mit dem Projekt wolle die Stadt die Attraktivität des Stadtteils steigern und den Einzelhandel stärken. Alle Bürgereinwände seien geprüft und teilweise auch in den Pläne berücksichtigt worden.

IG-Vertreter Heinz will mindestens 12 000 Euro für Prozesskosten und notwendige Gutachten zusammen bekommen; rund 10 000 Euro hätten ihm die Arheilger bereits zugesagt. Vergangenes Wochenende hatte Heinz dazu 1200 Schreiben verteilt, in denen er seine Nachbarn auffordert, sich mit jeweils 150 Euro an einer Klage zu beteiligen. Bislang hätten sich 56 Anwohner angeschlossen, und zwei Geschäftsleute wollten jeweils 1000 Euro beisteuern.

Die Stadt will die bisher eingleisige Trasse auf zwei Gleise erweitern und über die heutige Endstation im Ortskern nach Norden weiterführen. Rund um die bisherige Wendeschleife soll dann Platz für den Einzelhandel entstehen. Von den 22 Millionen Euro Baukosten übernehmen der Bund 75 Prozent, das Land zehn, den Rest tragen die Stadt und der Verkehrsbetrieb Heag mobilo.

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